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Die neue Mathematik bei Private Equity

31. Oktober 2023 | 14 Minuten Lesezeit
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Daniel Murphy
Head of Portfolio Solutions for Alternatives Capital Markets and Strategy
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James Gelfer
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Juliana Hadas
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Perspektiven
Dieser Artikel ist Teil unserer Perspektiven Serie
Wichtige Erkenntnisse
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Das Marktumfeld hat sich in den letzten vierzig Jahren verändert. Private-Equity-Manager müssen sich auf andere Renditetreiber konzentrieren, um eine Wertsteigerung zu erzielen. In den letzten Jahrzehnten ist die Bedeutung von Fremdkapital und Finanzierungsstrukturen zurückgegangen. Die Multiple Expansion und operative Faktoren sind hingegen wichtiger geworden.
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Unserer Ansicht nach werden die nächsten zehn Jahre wohl anders aussehen als die letzten zehn. Es steht eine Ära bevor, die sich durch langsameres Wirtschaftswachstum, Arbeitskräftemangel und höhere Inflation als in den letzten zehn Jahren auszeichnen könnte. Investoren und Betreiber sind mit Gegenwind für das reale Umsatzwachstum, schrumpfenden Margen und strukturell höheren Kapitalkosten aufgrund höherer Zinsen konfrontiert.
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Gegenüber den Public Markets bietet Private Equity unserer Ansicht nach immer noch gewisse strukturelle Vorteile, was weitreichende Transformationen von Unternehmen angeht. Wieder einmal müssen jedoch die Regeln für die Wertsteigerung angepasst werden. Für den Erfolg im neuen Umfeld werden operative Hebel wie Umsatz- und Margenwachstum ausschlaggebend sein.

Studien haben gezeigt, dass Investoren Private Equity nach wie vor als wesentliche Komponente ihrer Portfolios ansehen.1 Die Anlageklasse kann Zugang zu langfristigen Wirtschaftswachstumschancen bei Unternehmen bieten, die nicht an der Börse sind. Möglicherweise trägt Private Equity auch dazu bei, Innovation und Veränderungen der Geschäftsabläufe von Unternehmen voranzutreiben. In puncto Technologie, Nachhaltigkeit und Geopolitik stehen Unternehmen und Branchen heute vor Wendepunkten. Oft ist eine einschneidende Transformation erforderlich, um in den kommenden zehn Jahren und danach erfolgreich zu sein. 

Allerdings steht eine Ära bevor, die sich durch langsameres Wirtschaftswachstum, Arbeitskräftemangel und höhere Inflation als in den letzten zehn Jahren auszeichnen könnte. Investoren und Betreiber werden mit Gegenwind für das reale Umsatzwachstum, schrumpfenden Margen und strukturell höheren Kapitalkosten aufgrund höherer Zinsen konfrontiert sein. Private Equity kann unserer Ansicht nach Investoren in diesem Umfeld weiterhin attraktive Chancen zur Wertsteigerung bieten. Der Weg dorthin wird jedoch ein anderer sein als bisher.

Die Geschichte der Wertsteigerung bei Private Equity

Private Equity setzt eine aktive, kontrollorientierte Beteiligung voraus, die dem General Partner (GP oder Manager) Einfluss auf Unternehmen, ihre Bilanzen und strategischen Pläne ermöglicht. Mit diesem Ansatz ist es der Private-Equity-Branche gelungen, in den vergangenen 10 bzw. 20 Jahren interne Renditen (IRR) von 15 % zu erzielen2. Die Wertentwicklung ist jedoch je nach Manager unterschiedlich und schwankt im Verlauf der Zeit, gerade in Zeiten starken makroökonomischen Wandels.

Die Ansätze für Buyout-Investments können zwar ganz unterschiedlich sein, doch die Renditetreiber lassen sich grob in vier Kategorien unterteilen: Umsatzwachstum, Margenwachstum, Bewertungsveränderungen (z. B. Multiple des für die Übernahme des Unternehmens gezahlten vs. des beim Verkauf erhaltenen EBITDA) sowie Finanzierungsstrukturen und Einsatz von Fremdkapital. Daten zufolge hat sich das Marktumfeld in den letzten vierzig Jahren verändert. Private-Equity-Manager müssen sich auf andere Renditetreiber konzentrieren, um eine Wertsteigerung zu erzielen. Die Bedeutung von Fremdkapital und Finanzierungsstrukturen ist in den letzten Jahrzehnten beispielsweise zurückgegangen. Die Multiple Expansion und operative Faktoren sind hingegen wichtiger geworden.3

Am Anfang stand viel Fremdkapital

Die Buyout-Branche, wie wir sie heute kennen, begann sich in den 1980er Jahren4 zu konsolidieren. Zu den günstigen Auswirkungen von Steuer- und regulatorischen Änderungen kam die Entwicklung von Leveraged Loans, was zur Entstehung des „Leveraged Buyouts“ (LBO) führte. Schon an dem Begriff kann man erkennen, dass Fremdkapital (Schulden) eine wichtige Komponente der Strategie ist. In der Tat war Fremdkapital in diesen Anfangstagen der primäre Renditetreiber. Akademische Studien haben gezeigt, dass vor 1992 durchgeführte LBOs mit einem Debt-to-Value-Ratio im Bereich von 0,65 bis 0,85 strukturiert waren.5

Da das hohe Fremdkapital der wichtigste Faktor für die Wertsteigerung war, fokussierten sich Buyouts zur damaligen Zeit auf aggressive Kosteneinsparungen bei ihren Portfoliounternehmen. So sollten möglichst hohe Kapitalflüsse zur Tilgung der Schulden erzielt werden. In vielen Fällen wurden die zugrunde liegenden Unternehmen ineffizient betrieben, sodass Kosteneinsparungen problemlos zu erreichen waren. Eine derart aggressive Fremdkapitalstruktur ließ jedoch wenig Spielraum für operative Fehler. Schon geringe Rückgänge im Umsatzwachstum oder bei den Margen konnten die gesamte Kapitalinvestition zunichtemachen. Zahlreiche bekannte, LBO-finanzierte Unternehmen gingen in den Jahren 1990 bis 1992 bankrott. Eine 1993 durchgeführte Studie zeigte, dass unter den 83 großen LBOs, die von 1985 bis 1989 durchgeführt wurden, 26 zahlungsunfähig wurden und 18 Gläubigerschutz nach „Chapter 11“ beantragten.6

Zweite Ära: Fundamentaldaten im Fokus

In der nächsten Ära – zwischen dem Platzen der Dot-Com-Blase und der globalen Finanzkrise – begann Private Equity, sich zu der Branche von heute zu entwickeln. Manager achteten auf eine ausgeglichenere Kapitalstruktur, in der sich Fremd- und Eigenkapital besser die Waage hielten. In den letzten Jahren wurden LBO-Transaktionen insgesamt bis zur Hälfte mit Eigenkapital finanziert.  

Vor diesem Markthintergrund orientierten sich Manager langfristiger, um mehr Wertsteigerung auf Unternehmensebene zu erzielen. Sie fokussierten sich darauf, das Umsatz- und Margenwachstum zu steigern: ungenutztes Potenzial in schwächelnden Unternehmen auszuschöpfen, die betrieblichen Abläufe von gesunderen Unternehmen noch mehr zu verbessern und die Größe durch Folgeinvestitionen auszubauen. Manche Private-Equity-Firmen stellten operative Fachkräfte ein, die mit den Managementteams ihrer Portfoliounternehmen zusammenarbeiten und so den Wert steigern sollten. Mit diesen Bemühungen gelang es Private-Equity-Managern, eine insgesamt deutlich bessere Geschäftsleistung bei ihren Portfoliounternehmen zu erzielen, als an den Public Markets zu beobachten war.Laut einer akademischen Studie von 2021 war das Umsatzwachstum seit 2000 die beständigste Quelle der Wertsteigerung. Es trug sowohl vor als auch seit der globalen Finanzkrise mehr als ein Drittel zur gesamten Wertsteigerung bei.8

Nach der Krise: Auf der Beta-Welle reiten

Auch die Multiple Expansion leistete in den vergangenen 20 Jahren einen wichtigen Beitrag zur Wertsteigerung bei Buyout-Transaktionen.  Vor allem seit der globalen Finanzkrise ist sie ein wichtiger Faktor: Vom Kauf bis zum Exit erreichten Buyout-Deals einen 2- bis 4-fachen Umschlag des EBITDA-Wachstums.9 Diese Multiple Expansion wurde durch eine Kombination aus marktbasierten (Beta-)Effekten und managerspezifischen (Alpha-)Effekten wie eine bessere Unternehmensqualität und bessere Wachstumsaussichten erzielt. (Siehe Grafik für weitere Informationen.) Effektiv eingesetzt wurden auch sog. „Buy and Build“- oder Plattform-Strategien. Dabei verschmilzt der Manager ein Portfoliounternehmen mit mehreren kleineren Firmen, die im selben Geschäftsfeld tätig sind. Kleinere Firmen sind in der Regel niedriger bewertet, sodass mit dieser Strategie die durchschnittliche Kostenbasis des konsolidierten Unternehmens gesenkt werden kann. 

 

Der Investmenthintergrund hat sich radikal verändert. Für die Wertsteigerung muss daher ein anderer Weg eingeschlagen werden als bisher.

Akademische Analysen erklären die Multiple Expansion in der Zeit zwischen dem Platzen der Dot-Com-Blase und der globalen Finanzkrise in erster Linie mit den von den Manager erzielten Effekten. Seit der globalen Finanzkrise legen die Analysen allerdings nahe, dass die Multiple Expansion hauptsächlich marktbasierten Effekten zuzuschreiben ist (angesichts des deutlichen Anstiegs der KGVs von börsennotierten Unternehmen in diesem Zeitraum). Sie machen ein Viertel der gesamten Wertsteigerung bei Buyout-Deals aus, die seit 2008 durchgeführt wurden.10 Dennoch wurden auch mit managerbasierter Multiple Expansion in dieser Zeit Wertsteigerungen erzielt. Die Tatsache, dass die Multiples von Buyout-Transaktionen beim Exit in jedem Jahr beständig über den Multiples beim Kauf lagen, belegt diese Alpha-Effekte.11

Die Multiple Expansion spielte in den letzten zehn Jahren durchaus eine wichtige Rolle bei der Wertsteigerung auf Sektorebene. Laut unserer Analyse reichte sie allein jedoch nicht aus, um aus historischer Sicht über dem Mittel liegende Private-Equity-Renditen zu erzielen. Unsere Analyse zeigt, dass die Umsätze um mindestens 7 % pro Jahr hätten wachsen müssen, um eine Wertentwicklung in der oberen Hälfte zu erreichen (ausgehend von nominellen Auswirkungen durch Margenwachstum). Das ist mehr, als börsennotierte US-Unternehmen in den 2010er Jahren erzielten.12

Fremdkapital hat seit der globalen Finanzkrise an Bedeutung verlorenBalkendiagramm der mangelnden Bedeutung von Fremdkapital

Quelle: Matteo Binfare, Gregory Brown, Andra Ghent, Wendy Hu, Christian Lundblad, Richard Maxwell, Shawn Munday und Lu Yi, „Performance Analysis and Attribution with Alternative Investments“ (Performanceanalyse und -attribution bei alternativen Investments), 24. Januar 2022.

Neuland: Neue Mathematik für den weiteren Weg

Unserer Ansicht nach werden die nächsten zehn Jahre wohl anders aussehen als die letzten zehn. Es steht eine Ära bevor, die sich durch langsameres Wirtschaftswachstum, Arbeitskräftemangel und höhere Inflation als in den letzten zehn Jahren auszeichnen könnte. Investoren und Betreiber sind mit Gegenwind für das reale Umsatzwachstum, schrumpfenden Margen und strukturell höheren Kapitalkosten aufgrund höherer Zinsen konfrontiert. Vor diesem Hintergrund werden Private-Equity-Manager unserer Ansicht nach auch weiterhin in der Lage sein, attraktive Renditen zu erzielen. Das Investmentumfeld hat sich jedoch radikal verändert. Für die Wertsteigerung muss daher ein anderer Weg eingeschlagen werden als bisher. Fremdkapital und Multiple Expansion werden voraussichtlich nicht mehr so viel zur Wertsteigerung beitragen wie in der Vergangenheit. Ausschlaggebend für den Erfolg in diesem neuen Umfeld werden operative Wertsteigerungshebel wie Umsatz- und Margenwachstum sein.

Ausgehend von den heutigen Kapitalkosten, einem niedrigeren Multiple beim Kauf und ohne den Vorteil einer Multiple Expansion zeigt unsere Analyse: Ein Unternehmen könnte mit einem EBITDA-Wachstum im niedrigen zweistelligen Bereich dieselben Renditen erzielen wie mit einem EBITDA-Wachstum im hohen einstelligen Bereich in der Zeit vor Corona. Außerdem wird die Wertsteigerung laut unserer Analyse mehr durch Margenwachstum als durch Umsatzwachstum beeinflusst. Margenwachstum mag eine große Wirkung haben, ist aber schwer zu erzielen. Das erklärt vielleicht den relativ geringen Beitrag, den das Margenwachstum in den letzten 20 Jahren zur Wertsteigerung geleistet hat.

Wenn der zukünftige Grenznutzen eher durch einen bisher weniger genutzten Hebel erzielt werden kann, müssen Unternehmen ihre Regeln für die Wertsteigerung vielleicht umdrehen. Unternehmen in wachstumsstarken Bereichen müssen sich jetzt möglicherweise auf die Margen konzentrieren, wenn die Wirtschaft sich verlangsamt. Andererseits sollten Investitionen in traditionellen Sektoren eventuell auf Umsatzwachstum ausgerichtet werden, wenn strukturell höhere Inflation das Margenwachstum bremst. Derartige Initiativen erfordern neue Fähigkeiten. Die Kompetenzen von operativen Teams, die in der Vergangenheit vielleicht noch ausgereicht haben, müssen eventuell ausgeweitet werden.  Wie wertvoll dabei ein erfahrener und kompetenter Investmentpartner sein kann, sollte deutlich erkennbar werden. Er verfügt über umfangreiche operative Netzwerke zur Unterstützung der Managementteams und über die finanziellen Ressourcen, um die Anfangskosten einer bedeutenden Transformation zu übernehmen. 

Organisches Umsatzwachstum gewünscht

Plattform-Strategien, M&A-Deals und Folgeinvestitionen waren in der Vergangenheit für einen Großteil des Umsatzwachstums bei Private Equity verantwortlich. Seit der globalen Finanzkrise hat dieser Trend noch angezogen. Folgeinvestitionen machten 2022 mehr als drei Viertel der US-Buyout-Transaktionen aus. 2008 lag dieser Anteil noch bei 50 %13 Die höheren Zinsen können jedoch die Verfügbarkeit von Finanzierungen für diese Transaktionen beeinträchtigen. Außerdem stehen diese Transaktionen unter Beobachtung durch die Kartellbehörden. In einigen Sektoren kann das die Entstehung von Chancen für Folgeinvestitionen einschränken. Wir gehen davon aus, dass Folgeinvestitionen auch weiterhin eine wichtige Wertsteigerungsstrategie darstellen, selbst wenn sich die Finanzierungsmärkte normalisiert haben. Dennoch wird es unserer Ansicht nach nicht ausreichen, nur auf anorganisches Wachstum zu setzen.

Deswegen gehen wir davon aus, dass organisches Wachstum in den kommenden Jahren noch wichtiger für die Wertsteigerung werden wird. Dieses Wachstum kann mit der Sanierung kaputter Geschäftsmodelle erreicht werden. Eine andere Möglichkeit wäre, das Wachstum gesunder, aber langsam wachsender Unternehmen und Branchen massiv anzukurbeln. Es gibt noch viel mehr Beispiele, wie organisches Wachstum erzielt werden kann: Steigerung des Marktanteils in bestehenden Bereichen durch bessere Produkte, Dienstleistungen oder Kundenerlebnisse; Erschließung neuer Märkte durch die Einführung neuer Produkte; Expansion in neue Regionen und neue Kundensegmente und/oder das Verfolgen einer eher analytischen, datengesteuerten Preisstrategie, um den mit jeder Transaktion erzielten Umsatz zu optimieren. Für den Markenaufbau und die Markenkommunikation, die Optimierung von Vertriebskanälen und die Marktforschung werden spezielles Know-how und Fachkräfte benötigt. Dadurch steigen voraussichtlich die Ausgaben für Technologieinvestitionen sowie für Forschung und Entwicklung, um neue Produkte zu entwickeln und bestehende zu optimieren. 

Margenwachstum: Operative Effizienz rückt wieder in den Fokus

In den letzten Jahren konnten viele mit Private Equity finanzierte Unternehmen höhere Kosten an ihre Kunden weiterreichen. Diese Preiserhöhungen sind jedoch langsam ausgereizt, denn 2022 wuchsen die Umsätze schneller als das EBITDA.14 Die erhöhte (aber nachlassende) Inflation und die steigenden Arbeitskosten schlagen sich in den makroökonomischen Indikatoren nieder. Dem Margenwachstum und in der Tat auch der Gefahr schrumpfender Margen wird nun mehr Aufmerksamkeit gewidmet.

Steigende Margen können ein wirksamer Hebel für die Wertsteigerung sein. Damit sie einen noch größeren Beitrag zur Wertsteigerung als bisher leisten, braucht es den richtigen Ansatz. Für einige Manager mag das eine Umstellung sein. Statt auf Wachstum müssen sie sich angesichts gestiegener Kapitalkosten nun auf Effizienz fokussieren.

Höhere Margen können mit Prozessoptimierungen und Verbesserungen der Lieferketten erreicht werden. Auch die Rationalisierung von Arbeitsplätzen zur Vorbereitung auf technische Herausforderungen und Chancen kann zu einer Steigerung der Margen führen. Manager müssen alles auf den Prüfstand stellen: von Marketingbudgets und der Struktur der Vertriebsorganisation über die Beschaffung von Rohstoffen bis hin zur Logistik. Nur so erkennen sie die effizientesten Möglichkeiten, um das Wachstum, die Kosten der Kundenakquise und die Unit Economics zu steuern. Dazu sind voraussichtlich mehr Systeme, Prozesse und Technologie erforderlich, um die Kosten zu verstehen und ihre Auswirkungen zu quantifizieren. Manager müssen Wege finden, wie sie die Kosten reduzieren können, ohne das Umsatzwachstum zu beeinträchtigen.

Technologie- Aufrüstung

Für die Transformation sind heute erfreulicherweise Tools verfügbar, die es im letzten Jahrzehnt noch nicht gab. Datenwissenschaft, KI, Robotertechnik und Automatisierung gehören zu den Bereichen, in denen eine rasante Weiterentwicklung und Reife stattfindet. Diese Technologien bieten bisher nie dagewesene Möglichkeiten, das Umsatzwachstum und die Effizienz zu steigern. Sie eröffnen Chancen für weitreichende Unternehmenstransformationen und definieren die Merkmale erfolgreicher Unternehmen ganz neu.  Davon können insbesondere Unternehmen und Branchen profitieren, die sich zwar gut entwickeln, aber ihr Potenzial nicht voll ausschöpfen.

Technologie allein reicht unseres Erachtens aber nicht aus, um die Renditen zu steigern. Grundvoraussetzung für den Erfolg sind eine Strategie und deren Umsetzung. Die richtigen Prozesse, Strukturen und Systeme müssen eingeführt werden, um die Technologie nutzbar zu machen.  Es gibt viele abschreckende Beispiele von Unternehmen, die massiv in Technologie investiert haben, die Vorteile aufgrund organisatorischer Konflikte jedoch nicht voll ausschöpfen können. Wenn immer mehr Unternehmen sich auf ähnliche Technologiethesen stützen, dient der Einsatz von Technologie nicht mehr als Unterscheidungsmerkmal. Die neuen Technologien von heute (auch die KI) werden sich langfristig vom Wettbewerbsvorteil zu einer Grundvoraussetzung entwickeln. Für Manager reicht es daher nicht aus, sich einen First-Mover-Vorteil und einen robusten wirtschaftlichen Wallgraben zu sichern. Sie müssen auch realistisch einschätzen können, ob und wie Technologie Märkte expandieren oder neue Märkte erschließen kann. Je nach Technologie und Produkt/Dienstleistung kann dies unterschiedlich sein. All das macht es komplexer und kostspieliger, einen Wertsteigerungsplan umzusetzen.

Häufig sind dafür Investitionsausgaben zu einem Zeitpunkt erforderlich, wenn die Kapitalkosten gestiegen sind. Hinzu kommt, dass die Kosten einer Transformation in der Regel zu Beginn am höchsten sind, während die Vorteile sich erst mit der Zeit einstellen. Folglich müssen Manager entweder die Haltedauer verlängern, um von diesen Anfangskosten zu profitieren, oder andere Mittel finden, um schneller in den Genuss der Vorteile einer Transformation zu kommen. Unter Umständen muss der Ablauf beschleunigt werden. Das erfordert mehr Arbeit in der Due-Diligence- und Underwriting-Phase als nach dem Kauf. Die Investment- und operativen Teams des Managers müssen dazu enger zusammenarbeiten. Manager können sich auch für Kapitallösungen entscheiden, bei denen ein Teil des Kapitals schneller an die Investoren zurückgezahlt wird.  Die Nutzung von Fremdkapital und Finanzierungsstrukturen wird die Renditen in Zukunft voraussichtlich nicht steigern. Die Bedeutung von Know-how bei der Optimierung von Kapitalstrukturen und der Steuerung bestimmter Makrorisiken (z. B. Zinsänderungs- oder Wechselkursrisiken) wird hingegen zunehmen. Nur so können Kapitalflüsse und der Gesamtwert des Vermögens optimiert werden. Die Nachfrage nach innovativen Kapitalstrukturen dürfte weiter zunehmen. Von vorrangigen Krediten bis hin zu Preferred Equity und herkömmlichem Eigenkapital wird sich der Mix über die Laufzeit eines Deals möglicherweise verändern. Diese Dynamik kann das Wachstum einer strategischen Allwetterlösung unterstützen.  

Warum den steinigen Weg nehmen?

Die Kapitalkosten werden voraussichtlich für alle Unternehmen ungeachtet ihrer Eigentumsstruktur steigen. Auch die Multiple Expansion und das geschäftliche Umfeld dürften schwieriger werden. Private Equity ist gegenüber den Public Markets jedoch möglicherweise im Vorteil, wenn es darum geht, weitreichende Unternehmenstransformationen zu erzielen. Ein langfristiger Zeithorizont, der zwischenzeitliche Kurswechsel und Anpassungen zulässt, kann in einem schwierigen Umfeld nützlich sein. Auch schlankere Governance-Modelle, bei denen nur ein Eigentümer über den Einsatz von Ressourcen entscheidet, können sich als entscheidender Vorteil erweisen. Wenn der Manager zusätzliche Ressourcen zu Verfügung hat, die nach und nach eingesetzt werden können, ist das ebenfalls vorteilhaft. Private-Equity-Manager können das Know-how und die Wertsteigerungskompetenzen, die sie unter Umständen entwickeln müssen, auf eine breitere Kapitalbasis umlegen. Statt für ein einzelnes Unternehmen werden die neuen Fertigkeiten für ein Portfolio an Unternehmen genutzt. 

Wir sind daher nach wie vor überzeugt, dass Private Equity mit dem richtigen Partner attraktive Anlagechancen für die Portfolios von Investoren bieten kann. Die Dynamik in diesem neuen Umfeld hat jedoch Auswirkungen: Manager müssen ihre Wettbewerbsvorteile überdenken und Investoren müssen Manager bewusst auswählen.

Was herausragende Investoren unserer Ansicht nach gerade in Zeiten akuter Unsicherheit besonders auszeichnet, ist ihre Zuversicht in ihre Fähigkeit, Transformationen herbeizuführen. Sie verfügen über die Bescheidenheit, ihre Wertsteigerungsfähigkeiten realistisch einzuschätzen, und sind bei der Preisbestimmung entsprechend diszipliniert. Sie scheuen sich nicht, Fehler einzugestehen und Kursänderungen vorzunehmen.

1 Siehe z. B. die Private Markets Diagnostic Studie 2023 von Goldman Sachs Asset Management.  Stand: 24. September 2023.

2 Cambridge Associates.  Interne Renditen gepoolter Buyouts für 10- und 20-Jahres-Zeiträume bis einschließlich Q4 2022. Kennzahlen mit Stand vom 31. Dezember 2022 für die vergangenen 10- und 20-Jahres-Zeiträume. Wie bei allen Fondsdaten-Trackern stellen diese Ergebnisse nicht das gesamte Universum der Private-Markets-Fonds dar. Bei den genannten Datenbanken besteht daher das Risiko von Verzerrungen, wie etwa das Risiko eines Survivorship Bias oder eines Non-Reporting Bias. Diese Risken können dazu führen, dass die Renditen insgesamt höher ausfallen, als wenn diese Verzerrungen nicht bestehen würden. Die interne Rendite spiegelt nicht die Wertentwicklung von Finanzprodukten wider, die Goldman Sachs Asset Management anbietet. Die bisherige Wertentwicklung ist kein Indikator für zukünftige Renditen und bietet keine Garantie im Hinblick auf zukünftige Ergebnisse, die Schwankungen unterworfen sein können.

3 Matteo Binfare, Gregory Brown, Andra Ghent, Wendy Hu, Christian Lundblad, Richard Maxwell, Shawn Munday und Lu Yi, „Performance Analysis and Attribution with Alternative Investments“ (Performanceanalyse und -attribution bei alternativen Investments). Stand: 24. Januar 2022.

4 „Private equity, history and further development“ (Private Equity, Geschichte und Entwicklung). Harvard University. Stand: 27. Dezember 2008.

5 Matteo Binfare, Gregory Brown, Andra Ghent, Wendy Hu, Christian Lundblad, Richard Maxwell, Shawn Munday und Lu Yi, „Performance Analysis and Attribution with Alternative Investments“ (Performanceanalyse und -attribution bei alternativen Investments). Stand: 24. Januar 2022.

6 Journal of Applied Corporate Finance, Vol 19 No 4. „Private Equity: Boom and Bust?“ Stand: Herbst 2007.

 7 Cambridge Associates LLC Private Investments Database, FactSet Research Systems und Frank Russell Company. Daten vom 1. Januar 2000 bis zum 31. März 2022.

8 Matteo Binfare, Gregory Brown, Andra Ghent, Wendy Hu, Christian Lundblad, Richard Maxwell, Shawn Munday und Lu Yi, „Performance Analysis and Attribution with Alternative Investments“ (Performanceanalyse und -attribution bei alternativen Investments). Stand: 24. Januar 2022.

9 Prof. Gregory Brown, IPC. „Debt and Leverage in Private Equity: A Survey of Existing Results and New Findings” (Schulden und Fremdkapital bei Private Equity: Eine Studie vorhandener Ergebnisse und neuer Erkenntnisse). Stand: 4. Januar 2021. Ein 2-facher Umschlag des EBITDA-Wachstums bedeutet beispielsweise, dass ein Unternehmen, das vielleicht zum 10-Fachen des zum Zeitpunkt des Kaufs erzielten EBITDA gekauft wurde, zum 12-Fachen des zum Verkaufszeitpunkt generierten EBITDA verkauft würde.

10 Matteo Binfare, Gregory Brown, Andra Ghent, Wendy Hu, Christian Lundblad, Richard Maxwell, Shawn Munday und Lu Yi, „Performance Analysis and Attribution with Alternative Investments“ (Performanceanalyse und -attribution bei alternativen Investments). Stand: 24. Januar 2022.

11 Burgiss Company Fundamentals Review. Stand: 4. Quartal 2022.

12 Basierend auf dem aggregierten jährlichen Umsatzwachstum des S&P 500 laut Dr. Edward Yardeni: „Corporate Finance Briefing: S&P 500 Revenues & Earnings Growth Rate“ (Finanzbericht: Wachstumsrate der S&P 500 Umsätze und Gewinne). Stand: 29. Mai 2023.

13 PitchBook 2Q 2023 Private Equity Breakdown. Stand: 30. Juni 2023.

14 Burgiss. Stand: Q1 2023.

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