Alternative Anlagen

Das Drei-Kreise-Prinzip an den Private Markets: Risikoentschädigung in einem dynamischen Umfeld

20. April 2023 | 27 Minuten Lesezeit
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Daniel Murphy
Head of Portfolio Solutions for Alternatives Capital Markets and Strategy
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James Gelfer
Portfolio Solutions for Alternatives Capital Markets and Strategy
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Juliana Hadas
Portfolio Solutions for Alternatives Capital Markets and Strategy
Perspektiven
Dieser Artikel ist Teil unserer Perspektiven Serie
Wichtige Erkenntnisse
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Gleich drei Zyklen weisen auf disruptive Entwicklungen hin – der Stimmungszyklus, der Konjunkturzyklus und die langfristigen zyklusübergreifenden Trends. Ein risikobasierter Ansatz kann hilfreich sein, um daraus umsetzbare Portfoliostrategien abzuleiten.
2
Welche Chancen attraktiv sind, hängt vom Wirtschaftsszenario ab. Die Streuung eines Portfolios über die Risiken, die je nach Weltlage ausreichend entschädigt werden, ist eine Option, wenn die Zukunft unsicher ist.
3
Allen Szenarien und Anlageklassen gemein sind die Themen Transformation, Duration und Ausführung.

Übersicht

Anleger haben es heute mit einem dynamischen Umfeld zu tun: Der Konjunkturzyklus befindet sich an einem Wendepunkt und die Weltordnung verändert sich grundlegend.  Gleich drei Zyklen weisen auf disruptive Entwicklungen hin – der Stimmungszyklus, der Konjunkturzyklus und die langfristigen zyklusübergreifenden Trends.  Ein risikobasierter Ansatz kann hilfreich sein, um daraus umsetzbare Portfoliostrategien abzuleiten. Anleger an den Private Markets wollen Zweierlei erreichen: bestehende Portfolien mit Blick auf die Zukunft bewerten und die richtige Strategie für den Einsatz neuen Kapitals finden.  Um Schwachstellen der aktuellen Positionen zu erkennen, müssen die Hauptrisiken identifiziert und überwacht werden.  Für die zukünftige Strategie sollten Anleger wissen, für welche Risiken sie voraussichtlich attraktiv entschädigt werden und welche sie reduzieren müssen.

Die drei ZyklenDie drei Zyklen

Quelle: Goldman Sachs Asset Management.

Die drei Zyklen

Die Trends immer im Blick

Der Stimmungszyklus spiegelt die Risikohaltung und den Ausblick von Anlegern wider, während Marktteilnehmer sich auf kurzfristige wirtschaftliche Entwicklungen einstellen. Anlagen an den Private Markets sind von den täglichen Stimmungsschwankungen größtenteils isoliert. Wenn man sich aber mehrere Monate oder Quartale schaut, erkennt man möglicherweise, welche Chancen und Herausforderungen sich durch Marktverwerfungen ergeben. Die Stimmung hat außerdem Auswirkungen auf das gesamte Portfolio: Nennereffekte durch Marktschwankungen in verschiedenen Teilen des Portfolios und Zählereffekte, wenn sich das Tempo von Ausschüttungen und Kapitalabrufen ändert.

Ein Rückgang der Bewertungen an den Public Markets und ein langsameres Ausschüttungstempo reiferer Private Market-Fonds haben dazu geführt, dass immer mehr Investoren an den Private Markets überallokiert sind. Die allermeisten wollen an diesem Kurs festhalten oder ihre langfristigen Allokationen in der Anlageklasse noch erhöhen. Daher gehen viele Investoren an die Secondary Markets, um Liquidität und Kapazität für Investitionen in neue Auflegungsjahre zu generieren und ihre strategischen Allokationen anzupassen. Auch Manager suchen nach Lösungen, um attraktive Investitionen nicht in einer schwierigen Marktlage veräußern zu müssen. In diesem Umfeld sind Anleger, die Liquidität und Kapital an den Secondary Markets anbieten, gut aufgestellt.

Eine neue Rotation

Der Konjunkturzyklus erstreckt sich über mehrere Jahre und wird von gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen bestimmt. Bei in Privatbesitz befindlichen Unternehmen und Vermögenswerten ist eine dynamische Anpassung an einschneidende Veränderungen der BIP-Wachstums-, Inflations- und Zinsaussichten möglich. Manager verändern unter Umständen, wie sie bestehende Portfolien verwalten und neue Investitionen tätigen. Investoren verändern ihren Ansatz für jährliche Commitments eventuell über Strategieausrichtungen und Stilpräferenzen bei der Managerselektion. Diese Modulation wird der Schwerpunkt dieses Beitrags sein.

Das große Rad

Langfristige Trends entwickeln sich über Jahrzehnte und gestalten die Welt: Deglobalisierung, Veränderungen der demografischen Entwicklung, Digitalisierung, Dekarbonisierung und Destabilisierung der Weltordnung. Ihre Dynamik geht über den Konjunkturzyklus hinaus. Die langfristige Natur der Private Markets ermöglicht es Anlegern, die sich daraus ergebenden Chancen zu nutzen. Dazu müssen sie mit ihrem Portfolio die richtige strategische Ausrichtung einschlagen und die wichtigsten Erfolgsmerkmale eines Managers erkennen.

Eine neue Rotation: Der Konjunkturzyklus

Unser Basisszenario basiert auf den Einschätzungen des Makroökonomie-Teams von Goldman Sachs Global Investment Research. Es spiegelt die strukturellen Herausforderungen und Chancen einer sich verändernden Weltordnung wider. In den kommenden Jahren rechnen wir mit einem positiven, aber gedämpften realen BIP-Wachstum. Die Inflation wird höher als in den letzten zehn Jahren, aber generell moderat und gut kontrolliert sein (mit zeitweise hoher Inflation in gewissen Wirtschaftsbereichen). Die Zinsen werden sich auf einem etwas höheren Niveau als im letzten Jahrzehnt stabilisieren. Es wird jedoch regionale Unterschiede geben.

Da jede Prognose mit Unsicherheit behaftet ist, betrachten wir noch zwei weitere potenzielle Szenarien. Unser optimistisches Szenario geht von einem robusten realen BIP-Wachstum und moderater, gut kontrollierter Inflation aus, die jedoch strukturell höher sein dürfte als im letzten Jahrzehnt. Diese Kombination würde zu stabilen, aber etwas höheren Zinsen führen. Doch auch dieses optimistischere Szenario zeigt, dass es nicht mehr so sein wird wie in den letzten zehn Jahren. Die Welt wird weiter strukturellen Gegenwinden durch die bereits erwähnten langfristigen Trends ausgesetzt sein. Mit Innovation und Anpassungsfähigkeit kann sich Wirtschaft jedoch erfolgreich auf diese Trends einstellen.

Unser pessimistisches Szenario geht davon aus, dass die strukturellen Herausforderungen die Innovationskraft der Gesellschaft übersteigen. Das reale BIP-Wachstum wird flach bis negativ, die Inflation höher und volatiler sein. Die geldpolitischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation werden die Zinsen nach oben treiben.

Jedes Szenario erfordert wahrscheinlich einen anderen Ansatz für zukünftige Kapitalzusagen, entweder über die Strategieausrichtung oder Kriterien für die Managerselektion. Die Streuung eines Private Market-Portfolios über attraktive Chancen je nach Weltlage ist eine Möglichkeit, die Auswirkungen einer unsicheren Zukunft zu mildern.

Welche Risiken bei bestehenden Investments zu beachten sind

In einem schwierigen makroökonomischen Umfeld können Private Equity-Beteiligungen vorteilhaft sein. Sie sind langfristig ausgerichtet und haben in puncto Wertsteigerung eine bessere Erfolgsbilanz als Investitionen in börsennotierte Unternehmen.1 Außerdem können sie Unternehmen während Konjunkturabschwüngen stützen, was Studien zufolge zu niedrigeren Kosten in Krisenzeiten führen kann.2 Auch in der sich verschlechternden gesamtwirtschaftlichen Lage von heute haben PE-finanzierte Unternehmen bisher besser abgeschnitten als börsennotierte Unternehmen. Laut Daten von Burgiss mit Stand vom 3. Quartal 2022 verzeichnete ein PE-finanziertes Unternehmen im Median ein Umsatzwachstum von 19 % zum Vorjahr und ein EBITDA-Wachstum von 12 %. Im Vergleich dazu erreichte ein S&P-500-Unternehmen im Median ein Wachstum von 10 % bzw. 7 %.3 Private-Equity-Unternehmen sind jedoch nicht vor dem Konjunkturzyklus gefeit. Auch ihre Betriebsmargen stehen unter Druck: 2022 war das erste Jahr in über einem Jahrzehnt, in dem das mediane EBITDA-Wachstum nicht dem medianen Umsatzwachstum entsprach oder darüber lag. Dieser Druck wird voraussichtlich anhalten. Private Equity-Portfoliomanager merken in verschiedenen Sektoren, dass die Kunden ihrer Unternehmen weitere Preisanstiege nach 2022 nur noch begrenzt abfedern können. Eine veränderte Zusammensetzung der höheren Kosten verschärft diese Dynamik möglicherweise. 2022 war es eine Mischung aus steigenden Rohstoff- und Lohnkosten; heute sind es bei vielen Unternehmen größtenteils steigende Lohnkosten. Kunden sind jedoch eher bereit, höhere Materialkosten zu akzeptieren, die sie besser nachvollziehen können als höhere Arbeitskosten. Daher kommen Unternehmen an den Punkt, an dem weitere Preiserhöhungen die Nachfrage möglicherweise beeinträchtigen.

Steigende Zinsen setzen den Cashflow unter Druck. Ihre Auswirkungen lassen sich am Beispiel eines hypothetischen Leveraged-Buyout(LBO)-Deals schätzen, der entsprechend den branchenüblichen Konditionen von 2020/2021 ausgestaltet ist. Aufgrund steigender Zinsen wäre der Cashflow aus operativer Tätigkeit dieses Unternehmens vor Steuern um über 30 % und sein Zinsdeckungsgrad um mehr als 40 % zurückgegangen. Das könnte nur mit einem EBITDA-Wachstum über 20 % ausgeglichen werden. Viele PE-finanzierte Unternehmen haben das letztes Jahr geschafft. Im obersten Quartil des Burgiss-Universums lag das EBITDA-Wachstum bei über 40 % zum Vorjahr. Mit einem EBITDA-Wachstum von 12 % hätte das mediane Unternehmen einen Rückgang seines Cashflows aus operativer Tätigkeit vor Steuern um 15 % und einen Rückgang seines Zinsdeckungsgrades um den Faktor 1 auf immer noch gesunde 2,0 erlitten. Im dritten Quartil des Burgiss-Universums hätte das Unternehmen einen EBITDA-Rückgang um 12 % verzeichnet. Damit hätte es seinen Cashflow halbiert und seinen Zinsdeckungsgrad auf 1,6 gesenkt, wenn man die höheren Finanzierungskosten mit einrechnet.

Als die Buyout-Multiples Mitte bis Ende der 2010er Jahre neue Höchststände erreichten, begannen Private Equity-Manager von der Annahme auszugehen, dass die Exit-Multiples niedriger sein würden. Ihre Bewertungsthesen stützten sich auf fundamentale Wertsteigerung. Aber die Multiples stiegen weiter. Sie spiegelten die Dynamik der Public Markets wider, an denen eine Verschiebung zu wachstumsstärkeren Sektoren und in einigen Fällen zu übermäßig optimistischen Wertsteigerungsannahmen stattfand. Auch Kreditgeber waren bereit, die Annahmen einer robusten Wertsteigerung zu akzeptieren. Wie wir in „Vorbereitung auf eine Welle höherer Zinsen“ erläuterten, machten EBITDA-Addbacks im Schnitt 25 bis 30 % des Pro-forma-EBITDA von in den Jahren 2015 bis 2020 geschlossenen Deals aus.4 Ein Großteil davon basierte auf erwarteten Kosteneinsparungen, die aber bei erhöhter Inflation besonders schwer zu erreichen sind. In den nächsten Jahren wird sich zunehmend zeigen, ob das Underwriting zu optimistisch war. Schwer wird es vor allem für diejenigen Deals, bei denen die Wertsteigerung mit höheren Margen anstatt mit Umsatzwachstum erzielt werden soll.

Betrachten wir ein Unternehmen, in das auf der Grundlage des durchschnittlichen EBITDA-Addbacks investiert wurde und das die erwartete Verbesserung nicht realisieren kann. Aufgrund von EBITDA- und Zinseszinseffekten sinkt sein Cashflow aus operativer Tätigkeit vor Steuern um mehr als 60 %. Sein Zinsdeckungsgrad fällt auf 1,3. Das Unternehmen kann seinen Schuldendienst noch leisten, hat aber wenig Spielraum für operative Fehler oder weiter steigende Zinsen. Die Margen werden aber voraussichtlich sinken und die Zinsen weiter steigen, wenngleich langsamer. Das Unternehmen hat also nur wenig Ressourcen für Wachstumsinitiativen. Es wird fraglich, ob es seine Schulden zurückzahlen kann. Durch Refinanzierungen wurde die Fälligkeitswelle hinausgezögert. Dennoch werden in den nächsten drei Jahren fast 300. Mrd. USD an Krediten fällig.5 Unter den rund 10 Mrd. USD, die in diesem Jahr fällig sind, gibt es derzeit nur wenige notleidende Kredite. Die Ratingagenturen rechnen jedoch damit, dass die Ausfallraten 2023 und 2024 auf den langfristigen Durchschnitt von 3 bis 4 % steigen. Durch neuartige Hilfsfinanzierungen, die unmittelbar nach der COVID-19-Pandemie eingeführt wurden, wird es für notleidende Kreditnehmer noch komplizierter.

Wirtschaftlicher Gegenwind und steigende Zinsen beeinträchtigen möglicherweise die Fähigkeit von Kreditnehmern, ihre Schulden zurückzuzahlenWirtschaftlicher Gegenwind und steigende Zinsen beeinträchtigen möglicherweise die Fähigkeit von Kreditnehmern, ihre Schulden zurückzuzahlen

Quelle: Goldman Sachs Asset Management. Nur zur Veranschaulichung. Die ursprünglichen Deal-Konditionen spiegeln die Gesamtzahlen der LBO-Branche von 2021 für EBITDA-Multiples, Hebeleffekt, SOFR-Floor (Quelle: LCD) und Private Credit-Spread aus der KBRA-Datenbank wider. Die Auswirkungen steigender Zinsen beziehen sich auf den SOFR vom 01.03.2023 (4,5 %) vs. 31.12.2021 (Mindestzinssatz: 0,50 %) (Quelle: Federal Reserve Bank of New York). Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für zukünftige Ergebnisse.

 

 

Aggregierte Branchendaten deuten darauf hin, dass Dealansätze sich zu ändern beginnen. Manche Manager haben in diesem schwierigen Umfeld keine andere Wahl. Es werden kleinere Deals mit konservativeren Kapitalstrukturen geschlossen. Laut KBRA-Daten wird durchschnittlich 1,4-mal weniger Fremdkapital eingesetzt. Die durchschnittliche Deal-Größe ist gesunken, da Kreditgeber bei der Finanzierung großer Übernahmen vorsichtig sind. Buy-and-Build-Strategien werden aufgrund ihres niedrigeren durchschnittlichen Einstiegs-Multiple und ihrer einfacheren Wertsteigerungsstrategien beliebter. Deal-Sponsoren agieren bedachter und suchen nach den hochwertigsten Deals. Wenn die Preisvorstellungen der Verkäufer von ihren eigenen abweichen, kommt der Deal nicht zustande. Dadurch sind die Deal-Volumen deutlich gesunken.

Mit der Zeit wird es wieder größere Deals geben, die Manager wollen schließlich ihr Dry Powder einsetzen. Die Risiken dabei liegen weniger in der absoluten Höhe als dem Alter des Dry Powder. Gegen Ende des Investitionszeitraums ist der Druck am stärksten. Eine wissenschaftliche Studie ergab vor kurzem, dass Deals, die von Fonds mit viel Dry Powder am Ende des Investitionszeitraums durchgeführt wurden, tendenziell größer, teurer und weniger gehebelt sind. Außerdem weisen sie deutlich niedrigere Renditen als andere Deals auf.6 Heute machen Fonds, die 3 bis 5 Jahre alt sind und diesen Druck am ehesten verspüren, rund 40 % des gesamten Dry Powders aus. Ein Teil davon wird als Reserve gehalten, um bestehende Portfoliounternehmen zu stärken oder Folgeinvestitionen in erfolgreiche Portfoliounternehmen zu tätigen. Letzteres trifft vor alle auf Venture-Capital- und Growth-Strategien zu. Mit einer verantwortlichen Verwendung des Dry Powder kann eine Wertsteigerung erzielt werden. Andernfalls wird nur der Fall verlangsamt.

Insgesamt dürften die Renditen der jüngsten Auflegungsjahre niedriger sein als geplant. Die realisierte Wertsteigerung einer Investition wirkt sich auf die MOICs aus. Eine längere durchschnittliche Investitionsdauer, wenn Fonds den Verkauf von attraktiven Anlagen in einem ungünstigeren Umfeld meiden, hat auch Auswirkungen auf die IRRs. Die Renditestreuung unter Fonds dürfte größer sein als in der Vergangenheit. Ein Vergleich der Renditen im letzten Quartal mit denen von vor drei Jahren zeigt, dass die Streuung bei Fonds, deren Wertsteigerung größtenteils noch nicht realisiert wurde, bereits zunimmt.

Renditestreuung nimmt bereits zuRenditestreuung nimmt bereits zu

Quelle: Cambridge Associates, Daten bis Q2 2022. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für zukünftige Ergebnisse.

 

Unsere Kollegen haben bereits darüber geschrieben, wie höhere Inflation, langsameres Wachstum, steigende Zinsen und langfristige Trends die Entwicklung von Immobilien sektoren, -regionen und -anlagen beeinflussen können. Auch im Bereich Infrastruktur hängt viel von der Qualität der einzelnen Vermögenswerte, Sektoren und Regionen ab. Dies erörterte bereits der Artikel „Infrastruktur in Inflation: die kommende Dispersion“. Ähnlich wie bei Private Equity können Manager steigende Kosten auch bei Infrastruktur in bestimmten Sektoren nur begrenzt weiterreichen. Besonders wichtig ist das eventuell für Unternehmen, deren Kostenstrukturen wesentlich von den Komponenten des Erzeugerpreisindex abweichen, an den umsatzbezogene Gleitklauseln in der Regel geknüpft sind. Bei arbeitsintensiveren Unternehmen und Neubauten ist der Druck auf die Margen stärker. Diese Dynamik dürfte die Preise von Bestandsimmobilien stützen.

Der Büro- und der Einzelhandelssektor sind besonders anfällig für Liquiditätsknappheit. Eine CBRE-Analyse prognostiziert in den nächsten 3 Jahren eine Finanzierungslücke von 53 Mrd. USD bei Büroimmobilien und 3,5 Mrd. USD bei Einzelhandelsimmobilien.7 Kredite werden fällig und die Eigenkapitalwerte fallen, gleichzeitig mangelt es an verfügbaren Finanzierungsmöglichkeiten. Mit rund 1,1 Billionen USD an Gewerbeimmobilienkrediten, die 2023-2024 voraussichtlich refinanziert oder verlängert werden müssen, kann es zu Stress bis hin zu strategischen Zahlungsausfällen kommen. Dies gilt vor allem für variabel verzinsliche Kredite ohne Zinsabsicherung. Ähnlich wie bei Unternehmensinvestitionen können steigende Zinskosten für manche Immobilienbesitzer zu Liquiditätsproblemen führen.

Auf lange Sicht ist der Ausblick für diese Sektoren jedoch nicht so klar. Das heißt, ein wohlüberlegter opportunistischer Ansatz wäre angebracht. Die aktuelle Situation spiegelt die Disruption der „traditionellen Weisheit“ wider. Man darf jedoch nicht annehmen, dass die „neue Weisheit“ von heute sich unverändert fortsetzt. Beispielsweise konnten viele Großunternehmen ihre Mitarbeitenden zumindest teilweise ins Büro zurückholen. In der nächsten Dekade wird das Büro jedoch wahrscheinlich ganz anders aussehen als in der letzten. Digitale Befähigung und Nachhaltigkeit werden immer wichtiger. In Manhattan zum Beispiel hat der Besucherverkehr in Bürogebäuden der Klasse A+ wieder zwei Drittel des Vor-COVID-Niveaus erreicht. In B-Klasse-Gebäuden sind hingegen nur etwas mehr als die Hälfte zurückgekehrt.8 Die Nachfrage nach spezialisierten Büroflächen für Sektoren wie Life Sciences wird voraussichtlich weiter steigen. Möglicherweise werden mehr Büroimmobilien in Tier-2-Städten gebaut, die einen Bevölkerungszuwachs verzeichneten. Vielleicht ist der beste Weg, Mitarbeitende ins Büro zurückzuholen, das Büro näher zu ihnen zu bringen. Ebenso kann die „neue Weisheit“, dass der E-Commerce den stationären Einzelhandel verdrängt, ein weniger ausgeprägter Trend werden als bisher angenommen. Der E-Commerce wird sicherlich weiter wachsen. Aber die ersten onlinebasierten Direktverkäufer erkennen bereits, wie wichtig eine physische Präsenz für Marketing und Kundenakquise sein können.

Mit der digitalen Befähigung von Infrastruktur sind einige Infrastruktur-Manager aktienähnliche Positionen mit mehr Produktrisiko eingegangen, um mit dem Beta des Gesamtmarkts Schritt zu halten. In den letzten Jahren mag das vorteilhaft gewesen sein, jetzt aber nicht mehr. Infolgedessen ist auch bei Realwerten mit einer größeren Renditestreuung zu rechnen.

Neue Commitments: Für welche Risiken Anleger entschädigt werden und welche sie reduzieren müssen

Institutionelle Anleger halten, was ihre strategischen Private Markets-Allokationen angeht, größtenteils an ihrem Kurs fest. Das heißt aber nicht, dass ihre Portfolien statisch sind. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Commitments taktisch strategieübergreifend auszurichten und den Fokus bei der Managerselektion zu schärfen. Wir zeigen an unseren drei Szenarien, für welche Risiken Anleger voraussichtlich entschädigt werden und welche Risiken sie reduzieren sollten.

Private Equity

BASISSZENARIO:

Risiko, das voraussichtlich entschädigt wird: Transformation

Ob es nun darum geht, digitale Fähigkeiten zu verbessern, nachhaltige Ansätze zu implementieren oder das Unternehmen für eine veränderte Welt neu aufzustellen – bei Private Equity sollte sich die Wertsteigerungsthese um Transformation drehen. Das ist deshalb so wichtig, weil wir mit geringeren Renditebeiträgen der beiden anderen Stellschrauben der LBO-Wertsteigerung rechnen – Multiple-Wachstum und Hebeleffekt. Die Möglichkeiten für eine Transformation beschränken sich nicht auf einzelne Sektoren oder Regionen. Eine aktuelle Studie von Bain9 hat gezeigt, dass die Wertentwicklung von PE-finanzierten Unternehmen innerhalb eines Sektors stärker schwankt als zwischen Sektoren. Daran erkennt man, wie wichtig die operative Wertsteigerung ist. Für neue Investitionen reicht die Steigerung der Marge nicht aus, sie sollten auf einer Umsatzwachstumsstrategie basieren. Schließlich ist das Umsatzwachstum der wichtigste langfristige Werttreiber. In einem Szenario gedämpften Wirtschaftswachstums kann ein Unternehmen den Wachstumstrend übertreffen, wenn es seinen Marktanteil steigert oder seine Preise über das Marktniveau anhebt. Beide Ansätze sind nur mit einem herausragenden Produkt, einem erstklassigen Kundenerlebnis und einer robusten, datengestützten Preisstrategie möglich.

Das Wachstum sollte durch eine disziplinierte Kostenstruktur und attraktive Skaleneffekte gestützt werden. Nur dann können Unternehmen kapitaleffizient wachsen. Mit steigenden Kapitalkosten wird die Bedeutung der Kapitaleffizienz in den kommenden Jahren zunehmen.

Bewertungsdisziplin ist ebenfalls entscheidend. Unter Umständen müssen Sourcing-Strategien so angepasst werden, dass Bereiche mit attraktiven Einstiegsbewertungen Vorrang bekommen. Buy-and-Build-Strategien weisen in der Regel insgesamt ein niedrigeres durchschnittliches Einstiegs-Multiple auf und der Weg zur Wertsteigerung ist klarer erkennbar. Public-to-Private-Strategien können eine gute Sourcing-Quelle sein. Wenn die Kapitalkosten hoch sind, veräußern Großkonzerne nicht zum Kerngeschäft gehörende Bereiche, um effizienter zu werden und Ressourcen zu optimieren. Auch strategische Lösungen können in den Vordergrund rücken. Unter Umständen sind Firmeninhaber an strukturierten Transaktionen interessiert, die Fremd- und Eigenkapitalkomponenten kombinieren. So können sie eine Änderung der Kontrollverhältnisse vermeiden, die bei einer Refinanzierung zu höheren Zinsen als bei der ursprünglichen Finanzierung führen würde. Bei Venture-Capital- und Growth-Strategien hat sich der Deal-Flow verlangsamt, wahrscheinlich jedoch nur vorübergehend. Zahlreiche bekannte Unternehmen wurden während früherer Konjunkturabschwünge gegründet. Dies dürfte auch in diesem Zyklus nicht anders sein. Für Manager, die den Wert ihrer Portfoliounternehmen steigern können, wird die Nachfrage von vielversprechenden Unternehmern, die Kapital benötigen, anhalten. Neben Wachstumsinitiativen dürfte die erfolgreiche Skalierung von Portfoliounternehmen in den nächsten zehn Jahren stärker in den Fokus rücken.

Risiko, das reduziert werden sollte: Operationelles Risiko

Der Erfolg einer Transformationsstrategie hängt von der Umsetzungskompetenz ab. Investoren sollten Manager wählen, die bewiesen haben, dass sie mit Portfoliounternehmen Wachstum und Wertsteigerung erzielen können. Sie brauchen Investmentdisziplin, was sowohl das Tempo von Investitionen als auch Bewertungen angeht. Manager müssen ihre Kompetenzen kontinuierlich weiterentwickeln. Nur so können sie ihre Wertsteigerungsstrategien an ein Umfeld anpassen, in dem das Verständnis von Technologie, Geopolitik und sich verändernden Kundenpräferenzen wichtiger denn je wird. Mit einem Fokus auf bestimmte Volkswirtschaften oder Regionen können gesamtwirtschaftliche und geopolitische Risiken gemindert werden, die außerhalb des Einflussbereichs des Anlegers liegen.

OPTIMISTISCHES SZENARIO:

Risiko, das voraussichtlich entschädigt wird: Moonshot-Ideen

Für viele Probleme unserer Welt brauchen wir ausgeklügelte neue Technologien, kühne Ideen und innovative Lösungen. Diese Lösungen werden voraussichtlich eine größere physische Präsenz und daher auch mehr Kapital erfordern als die Innovationen des letzten Jahrzehnts. Robotik-Lösungen für den steigenden Arbeitskräftemangel in Ländern mit alternder Bevölkerung benötigen beispielsweise mehr physische Anlagen als softwarebasierte Lösungen für eine schnellere Datenverarbeitung. In unserem optimistischen Szenario herrscht ein günstigeres Umfeld für die Akzeptanz und Finanzierung solch bahnbrechender Ideen. Der Optimismus und die Risikobereitschaft von Investoren im Hinblick auf das Produktrisiko sind am höchsten. Auch für Nachhaltigkeitslösungen ist die Akzeptanz in diesem Szenario trotz der anfänglich höheren Kosten am größten. Die Bereitschaft, einen Aufpreis zu zahlen, ist dann am höchsten, wenn es den betreffenden Kunden finanziell gut geht. Um trotz alternder Bevölkerung, deglobalisierter Lieferketten und Klimawandel zu unserem optimistischen Szenario robusten Wachstums und gedämpfter Inflation zu gelangen, wird es auch erfolgreiche Moonshot-Projekte brauchen. Wiederaufladbare Akkus für Elektrofahrzeuge, Batterierecycling und Fusionsenergie sind einige Beispiele solch hochambitionierter Technologien. Wenn sie erst einmal kommerziell verwertbar sind, haben sie das Potenzial, die Bemühungen um Nachhaltigkeit zu transformieren. Für die Entwicklung und Produktion dieser und vieler anderer Lösungen, die Investoren möglicherweise noch nicht auf dem Radar haben, wird Kapital benötigt.

Risiko, das reduziert werden sollte: Mangelnde Disziplin

Trotz des weit verbreiteten Optimismus in diesem positiven wirtschaftlichen Szenario bleibt Disziplin bei Bewertungen und Tempo eine ebenso wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Investieren wie der Bezug zur Realität. Es gibt viele Beispiele aus der Vergangenheit, in denen das vermeintliche Potenzial oder die Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung die vorhersehbare Realität überstieg und zu einer Herdenmentalität unter Investoren führte. Der Weg zum kommerziellen Erfolg kann zwar lang sein, aber er muss realisierbar sein und auch in unserem Basisszenario attraktive Renditen bieten.

PESSIMISTISCHES SZENARIO:

Risiko, das voraussichtlich entschädigt wird: Defensive Positionierung

Das niedrige Wachstum und die hohe Inflation in diesem Szenario begrenzen möglicherweise das Aufwärtspotenzial, und die Risiken überwiegen die Chancen. Daher könnte es klug sein, auf Aufwärtspotenzial zu verzichten, um die Abwärtsrisiken zu reduzieren. Immer mehr Unternehmen nutzen vielleicht hybride Finanzierungen, um einen Verkauf oder den Eindruck einer Wertminderung zu vermeiden. Diese Risiko-Chancen-Abwägung kann auch für Investoren sinnvoll sein. In einem Risk-off-Umfeld stehen eventuell weniger Finanzierungen für große, kapitalintensive Projekte zur Verfügung, deren Wachstums- und Effizienzvorteile noch Jahre in der Zukunft liegen. Strategien zur Senkung der strukturell höheren Kosten gewinnen an Bedeutung. Manager konzentrieren eventuell ihre Private Equity-Portfolien, um ihre begrenzten Ressourcen mit Fokus auf die vielversprechendsten Chancen zu optimieren.

Risiko, das reduziert werden sollte: Verkrustung

Effizienz und Kostensenkungsstrategien sind in einem Umfeld mit niedrigem Wachstum und hohen Kosten wichtig. Wenn jedoch neue Chancen und Wachstumsinitiativen vernachlässigt werden, bleibt das Aufwärtspotenzial begrenzt. Die besten Ergebnisse werden vermutlich durch eine ausgewogene Kombination von Effizienzmaßnahmen und Wachstumsinitiativen erzielt. Investoren sollten daher Manager meiden, die die Effizienz auf Kosten des Wachstums priorisieren.

Private Credit

BASISSZENARIO:

Risiko, das voraussichtlich entschädigt wird: Finanzierungsrisiko

Bei niedrigem Wachstum, geringer Kapitalrendite und höheren Finanzierungskosten kann ein Vorrangdarlehen einen größeren Anteil am Gesamtwert einnehmen als andere Teile der Kapitalstruktur. Private Geber von Vorrangdarlehen erleben bereits eine kräftige Nachfrage von bonitätsstarken Kreditnehmern. Bei der Kreditgewährung stützen sie sich auf konservativere Bewertungen und Kapitalstrukturen als in der jüngsten Vergangenheit. Wenn sich die Marktlage beruhigt, werden M&A-Aktivitäten, Unternehmensverkäufe und Finanzierungen an den Public Markets zurückkehren. Dann wird eine ausgewogenere Verhandlungsposition zwischen Kreditgebern und Eigentümern entstehen. Dennoch werden LBO-Sponsoren weiterhin Private Credit nutzen, um Ausführungssicherheit, Flexibilität und eine bessere Steuerung der Komplexität zu erhalten.

Angesichts der geringen Zahlungsausfälle in diesem Szenario kann der Einsatz von vorrangigen oder Unitranche-Krediten auf Fondsebene die Renditen steigern. Allerdings müssen Investoren dabei bedenken, dass die Risiken überwiegen. Die Renditen ordnungsgemäß bedienter Kredite basieren auf der Rückzahlung der Verpflichtungen und der Amortisierung des Ausgabeabschlags.

Risiko, das reduziert werden sollte: Kreditrisiko

Eine gedämpfte Wirtschaftslage lässt weniger Spielraum für operative Fehltritte, was die Kreditauswahl umso entscheidender macht. Außerdem müssen Risiken und Chancen entlang der Kapitalstruktur sorgfältig abgewogen werden. Potenzielle Zahlungsausfälle treffen nachrangige Kredite zuerst. In unserem Basisszenario profitieren vorrangige Kredite von höheren Basiszinssätzen und Spreads. In der Seniorität weiter nach unten zu gehen, um höhere Renditen zu erzielen, mag das höhere Risiko nicht wert sein.

OPTIMISTISCHES SZENARIO:

Risiko, das voraussichtlich entschädigt wird: Kreditrisiko

In einer robusten Wirtschaft ist es wahrscheinlicher, dass der volle Wert über alle Kredittranchen realisiert werden kann. Auch der Wert von Partizipationsstrukturen wie Optionsscheinen, die Mezzanine- und andere nachrangige Instrumente häufig zur Renditesteigerung nutzen, wird gesteigert. In diesem Szenario wäre es daher wohl am klügsten, Kreditrisiken einzugehen. Das Mezzanine-Segment dürfte robuste Chanen bieten, denn ein starker M&A- und LBO-Markt kurbelt die Nachfrage nach dieser Finanzierungsform an.

Auch eine Diversifizierung über Unternehmensfinanzierungen hinaus ist in einem starken makroökonomischen Umfeld am sinnvollsten. Verbraucherkredite, das konjunkturempfindlichste Segment, sind in diesem Umfeld am wenigsten riskant. Spezialfinanzierungen können ein effektives Instrument zur Portfoliobeimischung sein. Investoren brauchen dazu jedoch Zugang zu Kreditgebern, die komplexe Strukturen bewerten und aufsetzen können. Kompliziert wird es, wenn Immaterialgüter wie geistiges Eigentum als Sicherheiten bestellt werden. Nicht nur die Risikobewertung ist schwieriger, es dauert manchmal sehr lange, bis Umsätze damit erzielt werden. Das erfordert Bewertungskompetenz und die richtigen Tools. Erfahrene Underwriter können für dieses Risiko, das es nur bei Private Markets-Investments gibt, entschädigt werden.

Risiko, das reduziert werden sollte: Refinanzierungsrisiko

Wird ein Unternehmen übernommen oder an die Börse gebracht, werden seine Schulden in der Regel refinanziert. Wenn eine rege M&A- und IPO-Aktivität herrscht, wird die Duration in einem Kreditportfolio kürzer als ursprünglich geplant. Dadurch ergibt sich ein niedrigeres MOIC, obwohl kein Druck auf die IRR besteht. Investoren sollten ihre Durations- und Cashflow-Erwartungen an dieser Dynamik ausrichten.

PESSIMISTISCHES SZENARIO:

Risiko, das voraussichtlich entschädigt wird: Barbell-Struktur

In einer volatilen und unsicheren Wirtschaft kann sich eine zweigleisige Strategie lohnen. Die Reduzierung von Abwärtsrisiken ist mit vorrangig besicherten, ungehebelten Anleihen und Realwertkrediten möglich. Anleger setzen eventuell mehr auf letztere Möglichkeit, als sie es im Basisszenario tun würden. Realwertkredite bieten robuste Sicherheiten. Wenn die Public Markets unter Unsicherheit leiden, wird auch das Konsortialkreditgeschäft unsicherer. Die Preis- und Ausführungssicherheit, die Private Credit bietet, schlägt sich dann in Preismacht nieder. Bei eingeschränkter Neukreditvergabe müssen sich Private Credit-Strategien unter Umständen auf bestehende Kredite fokussieren, die sie eventuell zu attraktiven Abschlägen kaufen können. Gleichzeitig geraten mehr Unternehmen in Notlage, wodurch viele Chancen für Manager von opportunistischen, Distressed- und Special Situations-Strategien entstehen.

Risiko, das reduziert werden sollte: Unerfahrenheit

Für die beiden Seiten des Bonitätsspektrums sind ganz unterschiedliche Managerkompetenzen erforderlich. Die Wahrscheinlichkeit notleidender Kredite ist in diesem Szenario jedoch höher. Entscheidend sind daher Finanz-, Strukturierungs- und juristische Expertise. Private Credit-Manager mit Erfahrung über ganze Marktzyklen sind eher in der Lage, mit Kreditausfällen umzugehen und einen erfolgreichen Workout für ihre Anleger zu erreichen.

Private Real Assets

BASISSZENARIO:

Risiko, das voraussichtlich entschädigt wird: Transformation

Für Immobilien ist unser Basisszenario unter Umständen optimal: Moderates Wachstum mit etwas Inflation hält das Angebot im Zaum und stützt die Preise von Bestandsimmobilien. Ein angemessenes Zinsniveau ist generell förderlich für Vermögenswerte. Im Bereich der Infrastruktur sind einige Sektoren sehr fragmentiert und viele kleinere Unternehmen schlecht aufgestellt, um die Inflation an ihre Kunden weiterzureichen. Hier können Buy-and-Build-Strategien erfolgreich sein. Glasfaser ist beispielsweise so ein Sektor, in dem eine Plattformstrategie heute zu einer deutlich niedrigeren Gesamtbewertung umgesetzt werden kann als der Erwerb eines einzelnen großen Unternehmens.

Ähnlich wie bei Vermögenswerten von Unternehmen beruht die Wertsteigerung bei Realwerten auf Transformation. Realwerte sind gut positioniert, um von langfristigen Megatrends zu profitieren. Das Reshoring der Lieferketten schafft Chancen im Bereich Lagerflächen und Logistik. Diese Dynamik kommt im Automobilsektor bereits zum Tragen. Durch den demografischen Wandel entstehen Investitionsmöglichkeiten bei Life-Sciences-Immobilien, Studenten- und Seniorenwohnheimen. Nachhaltigkeit lässt sich in dieser Anlageklasse am einfachsten zum Ausdruck bringen. Durch Neubau und Sanierung können Immobilien nachhaltiger gemacht werden. Das Thema Elektrifizierung erfordert den Um- und Neubau von Infrastruktur. Durch die heutigen Verwerfungen können für opportunistische Investoren attraktive Gelegenheiten entstehen, um sogenannte „dislocated assets“ zu erwerben. Bei diesen unterbewerteten oder -genutzen Unternehmen bzw. Anlagen lässt sich durch Nachhaltigkeits- und Digitalinitiativen eine langfristige Wertsteigerung erzielen. Chancen entstehen etwa in der Forstwirtschaft, der nachhaltigen Waldwirtschaft und der Landwirtschaft. Durch die wachsende Zahl an Lösungen, Technologien und Vorschriften wird das Thema Nachhaltigkeit jedoch immer komplexer. Dadurch gewinnen durchdachte operative Strategien und operative Expertise an Bedeutung.

Risiko, das reduziert werden sollte: Entstehende Externalitäten

Geopolitische Veränderungen gehören zu den Externalitäten, deren Auswirkungen auf Realwerte-Investments unbedingt gemindert werden müssen. Unternehmen, die auf internationale Handelsmuster fokussiert sind, reagieren empfindlich, wenn sich etablierte Beziehungen aus politischen Gründen verschieben. Firmen, die auf Preisanpassungsmechanismen angewiesen sind, werden erheblich beeinträchtigt, wenn ihre Preismacht von Aufsichtsbehörden eingeschränkt wird. Dies kommt eher in politisch sensiblen Sektoren wie Energie vor. Da die meisten Realwerte unbeweglich sind, hängt erfolgreiches Investieren davon ab, den lokalen Einfluss globaler Trends richtig zu nutzen.

Auch Klimarisiken gehören zu den Externalitäten, die besonders wichtig für Realwerte sein können. Dazu zählen offensichtlich Immobilien in Küstennähe oder Häfen, die per Definition auf Meereshöhe gebaut sind. Einige Arten von Infrastruktur-Assets haben sich ebenfalls als anfällig für Extremtemperaturen erwiesen, die immer häufiger auftreten.

OPTIMISTISCHES SZENARIO:

Risiko, das voraussichtlich entschädigt wird: Längere Duration

Ähnlich wie bei Vermögenswerten von Unternehmen kann sich unser optimistisches Szenario als attraktiv für sogenannte Moonshot-Ideen erweisen – transformative, ressourcenintensive Initiativen mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Die Bewertungen und niedrigeren Kapitalkosten in diesem Szenario sind günstig für längerfristige, Value-Add- und opportunistische Transformationsprojekte. Eine breite Palette von Nachhaltigkeitslösungen stößt in diesem Szenario auf große Kundenakzeptanz. Um die Infrastruktur für die Speicherung und das Recycling von E-Auto-Batterien zu bauen, wird Produktionskapazität benötigt. Das Reshoring von Lieferketten erfordert erhebliche Investitionen in nahegelegene Produktionsstätten. Aufgrund des Wettbewerbs um Kapital wäre es sinnvoll, mehr Risiko einzugehen. In einem optimistischen Wirtschaftsszenario erlauben die Staatshaushalte eventuell größere Investitionen in Infrastrukturprojekte. Da es bei Finanzierungen an den Public Market meist um traditionelle Assets handelt, sind Value-Add- oder opportunistische Investmentmöglichkeiten an den Private Markets eventuell attraktiver.

Risiko, das reduziert werden sollte: Strategieabweichungen

Das Investieren in Realwerte erhält einen ganz neuen Fokus auf Digitalisierung, E-Commerce-Logistik und Nachhaltigkeit. Zunehmend werden Investitionen dort stattfinden, wo Immobilien und Infrastruktur aufeinandertreffen. Chancen in den Bereichen Nachhaltigkeit und digitale Befähigung überschneiden sich eventuell mit Wachstumskapital. Realwerte-Investoren müssen daher diszipliniert auf die Merkmale von Realwerten achten, um sich nicht hauptsächlich Technologierisiken ins Portfolio zu holen. Bei Infrastruktur sind das Merkmale wie hohe Anlagenintensität, gesellschaftsrelevante Funktionen, vertraglich geregelte Zahlungsströme, begrenzter Wettbewerb und unelastische Nachfrage. Investoren müssen die Basiswerte ihrer Private Market Investments verstehen, um auf Portfolioebene ausgewogene Allokationen in den angestrebten Merkmalen zu erzielen.

PESSIMISTISCHES SZENARIO:

Risiko, das voraussichtlich entschädigt wird: Kürzere Duration

In diesem Szenario kann ein Fokus auf traditionelle Realwerte vorteilhaft für Anleger sein. Eine kürzere Duration und höhere Barerträge machen traditionelle Realwerte und strukturierte Investments in einem volatilen Umfeld steigender Zinsen auf risikobereinigter Basis attraktiv. Realwerte können sich gut entwickeln, weil sie inflationsbeständig sind und eine defensive Positionierung bieten. Wenn öffentliche Gelder wegen Haushaltprioritäten knapp sind, entsteht mehr Nachfrage nach privaten Finanzierungen für traditionelle Realwerte.

Gleichzeitig können am Markt Chancen durch Stresssituationen entstehen. Für im Bau befindliche Projekte können die steigenden Zinsen und Betriebskosten sehr problematisch sein. Ähnlich wie bei Private Credit bietet ein Barbell-Ansatz aus traditionellen und opportunistischen Investments in diesem Umfeld möglicherweise eine interessante Möglichkeit. Strukturierte Investments, die zugunsten von Erträgen und etwas Aufwärtspotenzial auf Kontrolle verzichten, können in diesem Szenario ebenfalls attraktiv sein.

Risiko, das reduziert werden sollte: Kapitalstrukturrisiko

Am anfälligsten sind Realwerte in diesem Szenario durch steigende Finanzierungs- und Betriebskosten. Da die Finanzierungen variabel verzinslich sind, muss darauf geachtet werden, dass die Verschuldung nicht zu hoch ist.

Übergreifende Themen

Drei Themen sind in allen Szenarien und Strategien wiederzufinden.

Transformation

Das Thema kann je nach Szenario unterschiedlich zum Ausdruck kommen: Eine intuitive Möglichkeit der Wertsteigerung sind Buy-and-Build-Plattformansätze. Am anderen Ende des Spektrums steht die völlige Transformation ganzer Branchen durch bahnbrechende Ideen. Außerdem gibt es die Transformation des Portfolios durch neue, aufstrebende, diversifizierende Renditequellen, deren potenzielle Risiken in einem bestimmten Umfeld gut entschädigt werden.

Duration

Die richtige Duration ist je nach Szenario anders. In konstruktiveren Märkten kann eine Verlängerung der Duration erforderlich sein. Das bedeutet, in Chancen mit längerfristigen Zahlungsströmen zu investieren, die wichtige Branchen und Sektoren revolutionieren können. Die Private Markets, die strukturell als langfristiges, geduldiges Kapital aufgestellt sind, eignen sich möglicherweise besonders gut für Investitionen mit langer Duration. In einem pessimistischen Szenario muss das Durationsrisiko eventuell reduziert werden. Ist die Duration jedoch zu kurz, entsteht ein Abwärtsrisiko für Kreditgeber, wenn die makroökonomische Lage besonders gut ist.

Ausführung

Bei allen Strategien und in allen Szenarien ist die Ausführung das Hauptrisiko, das gemindert werden muss. Das kann sich zum Beispiel darin äußern, dass die Wertsteigerung bei den Unternehmen oder Vermögenswerten im Portfolio nicht ausreicht. Schuld daran können eine mangelnde Ausführung, Selbstzufriedenheit, unambitionierte Wachstumspläne oder die Unfähigkeit, angemessen mit neuen und sich verändernden Risiken umzugehen, sein. Auch mangelnde Expertise im Umgang mit Stress- oder komplexen Situationen kann ein Grund sein. Mangelnde Disziplin in Bezug auf Bewertungen und den Kapitaleinsatz stellen ebenfalls ein Ausführungsrisiko dar. Investoren können dieses Risiken mindern, indem sie bei der Managerselektion über die Erfolgsbilanz und die Geschichten, die Manager erzählen, hinausgehen. Die Wahl des richtigen Partners, der nachweislich Wertsteigerung erzielen und sich auf neue Situationen einstellen kann, erfordert einen analytischen Ansatz. Für Investoren besteht außerdem das Risiko, dass ihre Allokationen nicht ihrer Absicht zum Zeitpunkt der Kapitalzusage entsprechen. Das kann passieren, wenn Manager von der Strategie abweichen. Investoren dürfen daher nicht nur auf Fondsnamen und Strategiebezeichnungen schauen. Sie müssen die tatsächlichen Portfolioallokationen verstehen, um Abweichungen und unbeabsichtigte Konzentrationen zu erkennen. Nur so kann ein Portfolio in einer Welt, in der die Abgrenzungen zwischen Strategien nicht mehr so klar sind, richtig überwacht werden.

Siehe z. B.: Andrea Auerbach, Keirsten Lawton, Caryn Slotsky, „US Private Equity Looking Back, Looking Forward: Ten Years of CA Operating Metrics“ (US-Private Equity Rück- und Ausblick: 10 Jahre an Kennzahlen von CA), Cambridge Associates, Stand: November 2022.

Siehe z. B.: Haque, Sharjil, „Does Private Equity Systematically Over-Lever Portfolio Companies?“ (Führt Private Equity systematisch zu einer zu hohen Hebelung bei Portfoliounternehmen?), 30. Juli 2021; und Belyakov, Alexander, „Economics of Leveraged Buyouts: Theory and Evidence from the U.K. Private Equity Industry“ (Die Ökonomie von Leveraged Buyouts: Theorie und Evidenz aus der britischen Private-Equity-Branche). Stand: 19. März 2020.

Burgiss (Private Equity-Daten), Refinitiv (S&P 500-Daten). Stand: 30. September 2022. 

S&P Global Market Intelligence. Stand: 8. Februar 2022.

LCD. Stand: 31. Dezember 2022.

6 Lambert, Marie und Scivoletto, Alexandre und Tykvova, Tereza, Agency Costs of Dry Powder in Private Equity Funds (Die Agenturkosten von Dry Powder in Private Equity-Fonds) (31. Januar 2022). Verfügbar bei SSRN: https://ssrn.com/abstract=4028838

7 CBRE. Stand: Dezember 2022. 

8 Placer.ai, Gebäudeklassifikationen durch REBNY mit Unterstützung durch Newmark Research; Grafik: Rahul Mukherjee/Axios

9 Or Skolnik, Nadim Malik und Brenda Rainey, „Raising Sector Strategy to the Next Level” (Mit der Sektorstrategie den nächsten Level erreichen). Bain Capital. Stand: Februar 2022.

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Daniel Murphy
Head of Portfolio Solutions for Alternatives Capital Markets and Strategy
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James Gelfer
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Juliana Hadas
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