Globaler Impact der Schwellenländer treibt nachhaltiges Wachstum voran
Die Schwellenländer sind Heimat von 86 % der Weltbevölkerung1, tragen 60 % zum Welt-BIP bei und verursachen etwa 75 % des weltweiten CO2-Ausstoßes.2 Ihre zentrale Rolle in der Weltwirtschaft birgt eine Gewissheit: Globale Nachhaltigkeitsziele sind ohne die aktive Beteiligung der Schwellenländer nicht zu erreichen. Ganz unterschiedliche Entwicklungsländer in Afrika, Asien, Europa, Lateinamerika und dem Nahen Osten sowie die Unternehmen in diesen Regionen müssen daher enormes Kapital mobilisieren. Gleichzeitig müssen sie Wirtschaftswachstum, Dekarbonisierung und die Erfüllung der Gesundheits-, Bildungs- und Finanzbedürfnisse ihrer Bevölkerungen unter einen Hut bringen. Dabei werden die Kapitalmärkte eine entscheidende Rolle spielen. An den öffentlichen Aktien- und Anleihemärkten entstehen Investmentmöglichkeiten, um Schwellenländer in verschiedenen Bereichen zu unterstützen: von Lösungen für erneuerbare Energien und die Energiewende über den Erhalt der Artenvielfalt bis hin zur Förderung sozialer Belange.
Grüner Fortschritt
Wirtschaftswachstum von Kohlenstoffemissionen entkoppeln
Saubere-Energie-Technologien werden immer wirtschaftlicher dank Verbesserungen der Erschwinglichkeit sowie der Effizienz von Solarenergie und Batteriespeichern. Das bedeutet, dass Schwellenländer weiterhin wachsen können, während sie dekarbonisieren. Der Weg zu einer nachhaltigen Energieerzeugung wird letztendlich über erneuerbare Energien führen. In den Schwellenländern (ohne China) machten erneuerbare Energien 2022 etwa 75 % der neuen Energieerzeugung aus. In den zehn Jahren davor waren es 25 %.3 Agrar- und Aufforstungsinitiativen in vielen Schwellenländern eröffnen ebenfalls neue Möglichkeiten für Wirtschaftswachstum bei gleichzeitiger Reduzierung des CO2-Fußabdrucks. Der Umstieg auf erneuerbare Energien erfolgt allmählich, aber Kohle, Öl und Gas machen immer noch einen erheblichen Teil des Energiemixes von Schwellenländern aus. Trotz Fortschritten hat der Übergang zu grüneren Energiequellen noch einen weiten Weg vor sich.
Erneuerbare Energien decken steigenden Energiebedarf
Der Anteil der Schwellenländer am Welt-BIP steigt weiter, und die Einkommen in diesen Ländern nähern sich dem Niveau der Industrieländer an. Dennoch stellt die Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen für unterversorgte Bevölkerungsgruppen eine enorme Herausforderung dar: 775 Millionen Menschen haben keinen Strom und 2 Milliarden verfügen nicht über saubere Kochmöglichkeiten.4 Auch die Industrialisierung in den Schwellenländern schreitet voran, die Landwirtschaft wird modernisiert und es entsteht städtischer Wohnraum. Trotz niedrigerer Pro-Kopf-Emissionen im Vergleich zu Industrieländern sind die Schwellenländer außerdem anfälliger für physische Klimarisiken. Das betrifft vor allem einkommensschwache Regionen, in denen die Klimaanpassungsstrategien verstärkt werden müssen. Die Deckung des steigenden Energiebedarfs mit erneuerbaren Energien ist eine Grundvoraussetzung für die klimatische Zukunft der Schwellenländer und die globalen Nachhaltigkeitsbemühungen. Investitionen in saubere Energie sind unerlässlich für den Klimaschutz und das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen wie bezahlbarem Wohnraum, sauberem Wasser, sanitären Einrichtungen und Gesundheitsversorgung. Der Übergang zu erneuerbaren Energien kann auch die wirtschaftliche Resilienz stärken. Weniger Abhängigkeit vom Import fossiler Brennstoffe verbessert die Leistungsbilanz und verringert den Außenfinanzierungsbedarf.
Kapitallücke schließen
Nachhaltiges Wachstum in den Schwellenländern erfordert eine gemeinsame Anstrengung und erhebliche Kapitalinvestitionen von Regierungen, Unternehmen und Investoren. 2022 wurden in den Schwellenländern etwa 770 Mrd. USD in saubere Energie investiert, zwei Drittel davon aus China.5 Um die Ziele des Pariser Übereinkommens6 zu erreichen und den wachsenden Energiebedarf zu erfüllen, müssen die Investitionen bis in die 2030er Jahre auf 2,2 bis 2,8 Billionen USD jährlich steigen und breiter werden. Privatwirtschaftliche Finanzinstitute sind dabei von entscheidender Bedeutung. 60 % der Investitionen in saubere Energie außerhalb Chinas werden voraussichtlich von institutionellen Investoren, Banken und anderen privatwirtschaftlichen Organisationen finanziert. Die Summe dürfte von derzeit 135 Mrd. USD bis Anfang der 2030er Jahre auf 0,9 bis 1,1 Billionen USD jährlich steigen.7 In Asien ist das Potenzial für privatwirtschaftliche Investitionen in Nachhaltigkeit besonders hoch, denn bisher investieren hauptsächlich Regierungen und öffentliche Entwicklungsbanken in saubere Energie. In Indien bietet allein der Stromsektor ein Investitionspotenzial von 650 Mrd. USD, um das Ziel von 450 GW aus erneuerbaren Energien bis 2030 zu schaffen.8 Vietnam hingegen benötigt möglicherweise 8 bis 10 Mrd. USD jährlich für seine Ziele.9
Die Energiewende finanzieren
Von den 2,5 Billionen USD in ESG-Fonds ist fast nichts in den Schwellenländern investiert. Das Wachstumspotenzial bei Investitionen in Nachhaltigkeit in diesen Bereichen ist daher enorm.10 Die öffentlichen Aktien- und Anleihemärkte bieten Anlegern zahlreiche Möglichkeiten, ihre Portfolien auf einen positiven ökologischen Impact auszurichten, ohne auf Renditepotenzial zu verzichten. Anleger können auf Dekarbonisierungsthemen in den Schwellenländern setzen, wie etwa regenerative Energieträger und grüne Gebäude, oder auf Sektoren, in denen Emissionen besonders schwer zu reduzieren sind.
Am Aktienmarkt haben sich mehr als die Hälfte der Unternehmen im MSCI EM Index zu Klimaneutralität verpflichtet. Ein ähnlicher Trend ist am Markt für Unternehmensanleihen aus Schwellenländern zu beobachten. Anleger können entweder in die „Enabler“ investieren, die die Energiewende durch Innovation vorantreiben, oder in die „Verbesserer“, die mit saubereren Technologien ihren CO2-Fußabdruck reduzieren. Dazu zählen beispielsweise Unternehmen, die emissionsintensiven Branchen wie Aluminium und Zement Technologien zur CO2-Reduktion bereitstellen.
In den Schwellenländern sind einige der weltweit größten Anbieter grüner Energie beheimatet, darunter Wasserkraft- und Solaranlagen. Manche Schwellenländer haben bereits die Industrieländer überholt, die Elektromobilitätstechnologien als erste einführten. Mehr als die Hälfte der Elektrofahrzeuge weltweit ist mittlerweile auf chinesischen Straßen unterwegs.11 Chinas Markt für E-Autos wächst weiterhin kräftig. In puncto Absatz lösen lokale Hersteller die etablierten Autobauer an der Spitze des Weltmarkts ab.
Quelle: China Association of Automobile Manufacturers, Morgan Stanley Research. Schätzungen basierend auf Prognosen von Morgan Stanley. Die Wachstumsrate entspricht der 10-jährigen jährlichen Wachstumsrate von 2020 bis 2030 und einer prognostizierten jährlichen Wachstumsrate von 28 %. Stand: Juni 2022.
In anderen Ländern entwickeln Unternehmen hochinnovative Technologien für die eigene Automobilindustrie. Zum Beispiel können inzwischen die meisten Pkw in Brasilien mit einer Mischung aus Benzin und Bioethanol12 aus Zuckerrohr betrieben werden, die die direkten Kohlenstoffemissionen erheblich senkt. Länder wie Mexiko und Südkorea profitieren außerdem davon, dass US-Unternehmen durch das Nearshoring ihrer Lieferketten ihre Energieversorgung zuverlässiger machen möchten. Dieser Trend beschleunigte sich durch die im Inflation Reduction Act und dem CHIPS and Science Act gewährten Subventionen. Anleger, die mit den aktuellen Herausforderungen umgehen können, finden Investmentchancen in Schwellenländern mit starker Wirtschaftsdynamik wie Indien sowie in Ländern wie China, die vorübergehend schwächeln.
Für Anleiheinvestoren bieten die Märkte für Green Bonds, Social Bonds und nachhaltige Anleihen (GSS) eine wichtige Möglichkeit, die Energiewende in den Schwellenländern zu unterstützen. GSS-Anleihen haben dasselbe Kreditrisiko wie herkömmliche Anleihen desselben Emittenten und bieten Transparenz, was die Verwendung der Gelder angeht. Anleger können den Impact der mit diesen Anleihen finanzierten Projekte selbst beurteilen. Sie erhalten detaillierte Berichte und können sich in Nachhaltigkeitsfragen mit den Emittenten austauschen. In den Schwellenländern kann es jedoch schwierig sein, hochwertige Daten zu erhalten. Der Markt für GSS-Fremdwährungsanleihen aus Schwellenländern wuchs 2023 um 94 Mrd. USD auf 270 Mrd. UDS.13 Der Markt für GSS-Lokalwährungsanleihen ist in den Schwellenländern zwar kleiner, wächst aber ebenfalls. Indien, Thailand, Hongkong und Chile sind gemessen am Emissionsvolumen von Lokalwährungsanleihen führend.
Quelle: Bond Radar, Bloomberg, Morgan Stanley Research. Enthält Emissionen von Fremdwährungsanleihen von staatlichen, Unternehmens- und halbstaatlichen Emittenten. Stand: 20. Mai 2024. Bei nachhaltigkeitsgebundenen Anleihen (SLB) ist die Verwendung der Gelder oft unklar und auf Emittentenebene gibt es nur begrenzte Indikatoren für die Nachhaltigkeitsleistung. Das erschwert die Bewertung des Nachhaltigkeitsprofils des Emittenten sowie des ökologischen oder sozialen Impacts der Anleihe. Darüber hinaus bieten SLB Emittenten anfangs unter Umständen niedrigere Kupons ohne garantierten nachhaltigen Impact. Außerdem sind die Strafen für das Nichterreichen von Nachhaltigkeitszielen normalerweise gering, sodass wenig Motivation zum Erreichen dieser Ziele besteht. Aufgrund dieser Faktoren ziehen wir Green und Social Bonds vor.
GSS-Anleihen bieten Emittenten aus Schwellenländern, wie etwa Staaten und Unternehmen, mehrere wichtige Vorteile. Sie können beispielsweise die Finanzierung wichtiger Projekte zur Emissionsreduktion sichern, die andernfalls keine finanzielle Priorität erhalten hätten. Ein wesentlicher Schwerpunkt bei der Verwendung der Gelder aus GSS-Anleihen ist für Emittenten aus Schwellenländern grüner Verkehr. Zu den nennenswerten Beispielen zählen Indonesiens grüne Sukuk-Anleihe, die nachhaltige Verkehrsinitiativen finanziert, und Ägyptens Green Bond, der die Kairoer Einschienenbahn unterstützt. GSS-Anleihen aus Schwellenländern wecken das Interesse von nachhaltigkeitsorientierten Anlegern weltweit und ermöglichen es Unternehmens- und staatlichen Emittenten, ihre Finanzierungsquellen zu diversifizieren. Dieses offenkundige Engagement für Nachhaltigkeit kann den Zugang zu Finanzierungsprogrammen wie NextGenerationEU-Zuschüssen oder der Resilienz- und Nachhaltigkeitsfazilität des IWF erleichtern.
Biologische Vielfalt – ein wichtiger Unterstützer im Kampf gegen den Klimawandel
Der Erhalt der Artenvielfalt ist eine Grundvoraussetzung für die ökologische und wirtschaftliche Gesundheit. Meere und Regenwälder, die sich hauptsächlich in Schwellenländern befinden, sind entscheidend für die Kohlenstoffbindung.14 Bis 2030 kann der Erhalt von Ökosystemen 10,1 Billionen USD an Umsatzpotenzial und 305 Millionen Arbeitsplätze schaffen.15 Staatsanleihen aus Schwellenländern, die zur Unterstützung der Biodiversität ausgegeben werden, können schneller zu ökologischen Vorteilen und nachhaltigem Wachstum führen als Klimainitiativen von Unternehmen oder Regierungen. Die Gelder aus den Blue Bonds von Barbados beispielsweise sollen 4 Mio. Quadratkilometer Ozean, 13 % der weltweiten Korallenriffe und 43 Millionen Menschen positiv beeinflussen oder schützen.16 Trotz ihres geringen Emissionsvolumens inspirierten die Blue Bonds ähnliche Initiativen auf den Seychellen und in Fidschi. Das Potenzial für ökologische und wirtschaftliche Gewinne ist enorm. Biodiversitätsmaßnahmen können auch den Umweltschutz und die wirtschaftliche Erholung vorantreiben, wie das Beispiel des 2020 von Belize begebenen Blue Bond für den Schutz von Korallenriffen zeigt. Durch die Integration von ESG-Faktoren bei einer Umstrukturierung der Staatsverschuldung wurden sowohl die wirtschaftliche Erholung als auch Klimaresilienz gefördert.
An den Aktienmärkten sind Geschäftsmodelle, die die Kreislaufwirtschaft, die Energiewende und Ressourceneffizienz unterstützen, entscheidend im Kampf gegen den Verlust der Artenvielfalt durch Klimawandel, Verschmutzung und Ressourcenausbeutung. Angesichts des rasanten Wachstums der Schwellenländer und ihres konzertierten Kampfs gegen Umweltprobleme bieten diese Geschäftsmodelle auch Investmentchancen. Schwellenländer sind zum Beispiel wichtige Lieferanten von Metallen. China ist der führende Produzent von Aluminium, einem wichtigen Rohstoff für grüne Technologien, der jedoch auch sehr energieintensiv und umweltschädlich ist. Die globalen Dekarbonisierungsziele und Chinas Ambitionen, Verschmutzung zu reduzieren und die Ressourcennutzung zu optimieren, erfordern Investitionen in eine umweltfreundlichere Aluminiumindustrie. Fortschritte in Bezug auf Naturkapital und Biodiversität bei Aktien- oder Anleiheemittenten zu messen, ist jedoch schwierig, wenn es keine einheitlichen Kennzahlen wie z. B. Treibhausgasemissionen für den Klimawandel gibt. Die Taskforce on Nature-related Financial Disclosures hat ein System entwickelt, mit dem Unternehmen und Anleger die Biodiversität in ihre Entscheidungsprozesse und Umweltschutzbemühungen integrieren können.
Integratives Wachstum finanzieren
Ziel von integrativem Wachstum ist es, Chancen für alle zu schaffen, auch in den Schwellenländern. Anleger können soziale Nachhaltigkeit fördern, indem sie Unternehmen unterstützen, die grundlegende Dienstleistungen wie bezahlbaren Wohnraum, sauberes Wasser und saubere Energie bereitstellen. Investitionen in Unternehmen, die Zugang zu Finanzdienstleistungen und innovativer Bildung bieten, sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Dass in den Schwellenländern immer mehr Social Bonds aufgelegt werden, ist ein Zeichen für das Bekenntnis zu sozialen Zielen. Die Anleihen eignen sich gut zur Beimischung in sozial ausgerichteten Anleiheportfolien.
Verknüpfung zwischen digitaler und finanzieller Teilhabe
Von den 2,9 Milliarden Menschen, die weltweit keinen Internetzugang haben, leben schätzungsweise 96 % in Schwellenländern.17 Der Bau und Betrieb von Telekommunikationsinfrastruktur ist entscheidend für mehr digitale Teilhabe. Dadurch wird wiederum die Bereitstellung von Mobile Banking und einer Vielzahl von Finanzdienstleistungen für Menschen in Schwellenländern ohne oder mit nur eingeschränktem Zugang zu Finanzinstituten erleichtert. Etwa 1,4 Milliarden Menschen weltweit können keine formellen Finanzdienstleistungen nutzen und müssen daher häufig kostspielige informelle Finanzierungen in Anspruch nehmen, die ihre prekäre Finanzlage noch verschärfen.18 Digitale Konten fördern effizientes Sparen und erschwingliche Kredite. Oft sind sie der erste Schritt, um Bildung und Gesundheitsversorgung finanzieren zu können. Digitale Finanzdienstleistungen schaffen auch mehr Möglichkeiten für einkommensschwache Menschen, ihre finanzielle Unabhängigkeit und Resilienz zu stärken.
Womenomics in den Schwellenländern
„Womenomics“ bezeichnet die Stärkung von Frauen, damit sie uneingeschränkt an Wirtschaft und Gesellschaft teilhaben können. Für das Wirtschaftswachstum ist das unerlässlich. Finanzielle Teilhabe ist ein wesentlicher Aspekt davon. Das gilt besonders für Unternehmerinnen in Schwellenländern, die oft auf Finanzierungshürden stoßen. Finanziell unabhängige Frauen können bessere Entscheidungen für ihre Familien treffen, wenn es beispielsweise um den Kauf von nahrhaften Lebensmitteln und Medikamenten oder um Investitionen in Bildung geht. Ihre Lebensqualität verbessert sich, was zum wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in ihren Kommunen beiträgt. Dennoch bleiben viele Frauen unterversorgt. In manchen Regionen haben bis zu zwei Drittel keinen Zugang zu formellen Finanzdienstleistungen. Zu den Hindernissen zählen neben komplexen Antragsverfahren und hohen Zinssätzen auch strenge Anforderungen an Sicherheiten. Oft werden Vermögenswerte nicht auf den Namen von Frauen eingetragen. Anleger können soziale Nachhaltigkeit fördern und das wirtschaftliche Potenzial von Frauen nutzen, wenn sie auf Frauen ausgerichtete Finanzunternehmen in Schwellenländern unterstützen. Ein auf Kleinstunternehmen spezialisierter Finanzdienstleister in Lateinamerika berichtet beispielsweise, dass fast 90 % seiner Kunden Frauen sind. Leichteren Zugang zu Finanzierungen erhalten Unternehmerinnen mit cashflowbasierten digitalen Krediten, die Frauen nicht durch die herkömmlichen Anforderungen an Sicherheiten ausschließen.
Unternehmertum fördern
Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen (KKMU) bilden das Rückgrat vieler Volkswirtschaften und machen weltweit etwa 90 % aller Unternehmen aus.19 In den Schwellenländern tragen KKMU bis zu 40 % zum Nationaleinkommen bei.20 Fast die Hälfte der KKMU in Schwellenländern haben jedoch Finanzierungsprobleme, die sich auf ein jährliches Defizit von insgesamt 5,2 Billionen USD belaufen.21 Die Unterstützung dieser Unternehmen, von denen 23 % von Frauen geführt werden und die 32 % der Finanzierungslücke bei KKMU ausmachen, kann erheblich zur Gleichstellung und finanziellen Teilhabe beitragen. Diese großen, unterversorgten und wachsenden Märkte in Schwellenländern bergen viel Potenzial für Fintech-Unternehmen, Banken und Versicherungen. Investmentmöglichkeiten bestehen bei Schwellenländeraktien sowie bei Social Bonds und nachhaltigen Anleihen, die diese Finanzierungslücke schließen wollen. Dazu zählen beispielsweise Unternehmen in Indonesien und Indien, die Betriebsmittelkredite für KKMU bereitstellen. Anleger haben zahlreiche Möglichkeiten, integratives Wachstum zu fördern. Sie können Unternehmen unterstützen, die besseren Zugang zum Internet und zu Finanzdienstleistungen ermöglichen, in Fintech-Unternehmen investieren, die die Lücke bei digitaler und finanzieller Teilhabe schließen, und KKMU helfen. Der Abbau digitaler und finanzieller Lücken ist auch eine strategische Maßnahme, die Geschlechterungleichheit reduziert und so zu einer gerechteren Wirtschaft beiträgt.
Portfolio-Perspektiven
Grundvoraussetzung für effektives nachhaltiges Investieren in den Schwellenländern ist ein aktives Management. Es ist entscheidend, die durch Datenlücken entstehenden Herausforderungen und Chancen zu erkennen und den lokalen Kontext mit seinen besonderen Gegebenheiten zu verstehen. Diese Faktoren sollten Anleger berücksichtigen, um das Potenzial der Schwellenländer in puncto nachhaltige Entwicklung und Impact zu nutzen und die damit einhergehenden Risiken zu meistern.
Aktiver Ansatz
Beim nachhaltigen Investieren in den Schwellenländern ist dieselbe Disziplin und Sorgfalt erforderlich wie bei traditionellen Anlagen. Anleger müssen die erhöhten Risiken kennen, etwa bei der Stromverteilung, beim Kauf von Land und in bestimmten Ländern. Bei GSS-Anleihen aus Schwellenländern ist es unerlässlich, das Nachhaltigkeitsprofil des Emittenten und die Verwendung der Gelder zu prüfen, um die gewünschten Ergebnisse zu gewährleisten. Diese Analyse sollte genauso tiefgehend wie eine herkömmliche Kreditrisikobewertung sein. Die Einhaltung von Standards wie den Green-Bond-Prinzipien der International Capital Market Association (ICMA) ist ebenso wichtig wie eine detaillierte Analyse der Verwendung der Gelder, des Allokationszeitraums und des Managements. Zu den Best Practices zählen außerdem ein fortlaufendes Reporting über die Allokation der Gelder bis zur Fälligkeit der Anleihe, unabhängige Verifizierungen und Zweitmeinungen. Die Zusammenarbeit mit Asset Managern, die sowohl in Schwellenländern als auch mit nachhaltigem Investieren Erfahrung haben, kann echte Impact-Lösungen gegen Klima-, Natur- und soziale Probleme aufzeigen.
Datenlücken schließen
Für die Offenlegung umfassender Nachhaltigkeitsdaten fehlen Organisationen in den Schwellenländern unter Umständen die Ressourcen. Diese Datenlücken lassen den Eindruck eines hohen Investmentrisikos entstehen. Mit einem Fokus auf fundamentale Kennzahlen und einem aktiven Dialog mit den Unternehmensleitungen und politischen Entscheidungsträgern können Anleger diese Herausforderungen überwinden. Daten über Emissionen und die Übergangspläne der Unternehmen senken die Hürde für ein Investment ebenfalls. In einigen südostasiatischen Ländern werden bereits Vorschriften für die Offenlegung der Treibhausgasemissionen börsennotierter Unternehmen eingeführt. Je mehr Daten nachhaltigem Investieren zugrunde liegen, desto wichtiger wird es für Anleger in Schwellen- und Industrieländern, den Umwelt- und sozialen Impact zu messen.
Im lokalen Kontext
Die Volkswirtschaften der Schwellenländer befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien und bieten einzigartige Möglichkeiten. Standard-ESG-Ratings erfassen die spezifischen Risiken und Chancen dieser Märkte möglicherweise nicht vollständig, was zu Fehlallokationen von Kapital führen kann. Gegen den Einkommensbias, der Kapital oft in wohlhabendere Länder lenkt, helfen eine maßgeschneiderte Analyse des lokalen Kontextes, wie etwa des Pro-Kopf-BIP, und ein Fokus auf zukunftsorientierte Nachhaltigkeitspläne. Unternehmen in Industrieländern mögen in Bezug auf Nachhaltigkeit führend sein. Die Schwellenländer bieten aber besondere Investmentmöglichkeiten, die in Industrieländern nicht vorhanden sind. Dazu muss man die örtlichen Gepflogenheiten verstehen. In Afrika beispielsweise können teure Beerdigungen finanziell verheerend sein. Daraus ergeben sich jedoch Chancen für Social-Impact-Investments in Unternehmen, die Beerdigungsfinanzierungen für einkommensschwache Menschen sowie finanzielle Bildung anbieten. Anleger, die diese Nuancen verstehen, können integratives Wachstum unterstützen.
Die Schwellenländer sind entscheidend für die globale Nachhaltigkeitsagenda. Nur mit strategischen Kapitalallokationen in börsennotierte Aktien und Anleihen können sie ihren wachsenden Energiebedarf nachhaltig decken, globale Nachhaltigkeitsziele unterstützen und wirtschaftliche Resilienz aufbauen. Trotz ihrer spezifischen Risiken bieten die Schwellenländer erhebliche Investmentmöglichkeiten für globale Anleger, die die Energiewende und integratives Wachstum vorantreiben und damit auch die Weltwirtschaft unterstützen möchten.
1Internationaler Währungsfonds. Stand: April 2024.
2Brookings. Stand: April 2023. Zur Einordnung: Industrieländer haben einen deutlich höheren Pro-Kopf-CO2-Ausstoß als Schwellenländer.
3Bloomberg. Stand: Dezember 2023.
4Internationale Energieagentur (IEA). Stand: April 2023.
5IEA. Stand: Juni 2023.
6Das Übereinkommen von Paris ist eine internationale Vereinbarung, die 2015 von 196 Parteien mit dem Ziel unterzeichnet wurde, Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die Erderwärmung in diesem Jahrhundert deutlich unter 2 °C, möglichst auf 1,5 , über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
7IEA. Stand: Juni 2023.
8Climate Finance Leadership Initiative. Stand: April 2024.
9United States Agency for International Development. Stand: September 2020. 10IEA. Stand: Juni 2023.
11IEA. Stand: April 2023.
12Financial Times. Stand: 26. Mai 2024
13Bond Radar, Bloomberg, Morgan Stanley Research. Stand: 13. Mai 2024.
14Ein „Kohlenstoffsenker“ ist ein natürlicher oder künstlicher Speicher, der Kohlenstoffverbindungen für unbegrenzte Zeit aufnimmt. Das Meer absorbiert etwa 25 % aller CO2-Emissionen und verringert damit die Auswirkungen von Treibhausgasen auf das Klima erheblich. Kohlenstoffbindung ist ein Prozess, bei dem Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufgenommen und gespeichert wird. Dieses Verfahren wird verwendet, um die Menge an CO2 in der Atmosphäre zu reduzieren und den globalen Klimawandel zu verlangsamen.
15Weltwirtschaftsforum. Stand: Juli 2020.
16US International Development Finance Corporation. Stand: August 2019.
17International Telecommunication Union. Stand: November 2021.
18Weltbank. Stand: September 2022.
19Weltbank. Stand: Oktober 2019. Der Beitrag von KKMU zum nationalen Einkommen ist wahrscheinlich höher, wenn man den informellen Sektor berücksichtigt.
20Weltbank. Stand: Oktober 2019.
21Weltbank. Stand: Januar 2017.