Alternative Anlagen

Die Rückkehr der Volatilität: Warum 2023 wieder Interesse an Hedgefonds weckt

Autor(en)
Avatar
Taylor O'Malley
Co-Founding Partner and President of Balyasny Asset Management, L.P.
Avatar
Freddie Parker
Co-Head of Prime Insights and Analytics for GS Capital Introductions
Avatar
Jack Springate
Co-Head of External Investing Group (XIG) Hedge Fund Strategies Business

Was sind die jüngsten Trends sowohl bei der Hedgefonds-Performance als auch bei der Anlegernachfrage?

Freddie Parker: Hedgefonds rücken insbesondere für institutionelle Anleger wieder in den Fokus.  Ein Grund dafür ist die zuletzt starke Wertentwicklung, etwa die rekordhohe Outperformance 2022 gegenüber einem 60/40-Portfolio. Hedgefonds schützten das Kapital vor Marktturbulenzen und -verwerfungen. Trotz der insgesamt starken Performance und der breiten Portfoliodiversifikation durch Hedgefonds ist die Renditestreuung unter Managern und zugrunde liegenden Hedgefondsstrategien weiter hoch.

Wenn ich über die jüngste Vergangenheit hinausblicke, hat dieses erneute Interesse wahrscheinlich viel mit den zukunftsgerichteten Chancen zu tun.  Die Erwartung – sowohl von Allokatoren als auch basierend auf historischen Daten – ist, dass Hedgefonds in Zukunft von einem Umfeld höherer Zinsen profitieren werden.  In der Vergangenheit waren die Renditen von Hedgefonds in Zeiten steigender Zinsen höher und das Alpha besser. Allerdings waren die Beta-Chancen dann auch generell schwieriger.  Deswegen rückt jetzt aktives Management wieder in den Fokus. Gerade bei Hedgefonds besteht die Erwartung, dass wir eher in ein alpha-orientiertes Marktumfeld rücken, verglichen mit den letzten zehn Jahren, in denen die Nullzinspolitik und die quantitative Lockerung ein Beta Umfeld begünstigt hat.

Wo erkennen Sie aktuell Anlagechancen?

Taylor O’Malley: Die derzeit größten Chancen für unsere Strategien sind Aktien, Makro und Rohstoffe. Wir sehen Unternehmensanleihen derzeit als weniger attraktiv, denn gute Chancen wird es wahrscheinlich erst in einigen Jahren geben. 

Die relative Attraktivität von Strategien verändert sich ständig. In den letzten 5 Jahren waren globale Makro- und Rohstoffstrategien uninteressant, das ändert sich jetzt aber gerade – vor allem Makro.  Dort wird es gerade angesichts der Zinsverhältnisse ziemlich interessant. Aber Makro ist nicht gleich Makro.  Im Rohstoffbereich sind Gas und Strom für uns am wichtigsten.  Energie ist wegen Öl schwer zu nutzen, daher konzentrieren wir uns mehr auf Spreads und dergleichen. 

Für Equity Long/Short war vor allem das erste Quartal etwas schwierig. Ich habe aber das Gefühl, dass die nächsten Quartale sehr interessant werden könnten. Aktienmarktneutrale Strategien hatten es zu Beginn des Jahres etwas schwerer. Jetzt zeichnen sich aber Gewinner und Verlierer ab, denn wir bewegen uns weg von einem gesteuerten Bullenmarkt der Zentralbanken und Regierungen. Es wird auf jeden Fall sehr aufregend bleiben.  Im Equity Long-Short-Bereich sind es die marktneutralen Strategien.  In den letzten zehn Jahren hatten sie es mit effektiv kostenlosem Geld zu tun.  Es gab kaum Verlierer, aber eine Menge Gewinner.  Diese Untergruppe ist daher auch unglaublich interessant für uns. 

Parker: Wir starteten in das Jahr mit einem rekordniedrigen Engagement im InfoTech-Bereich generell, besonders aber bei Software Bereich.  Und wir haben dort starke Kapitalzuflüsse gesehen.  Letztes Jahr ging es vor allem wegen der Inflation um Longpositionen in zyklischen Werten. Dieses Jahr geht es wieder zurück zu Wachstumssektoren, wo es signifikante Bewertungsrückgänge gab. 

Jack Springate: Der Jahresauftakt war sehr dynamisch, insbesondere an den Zinsmärkten. In Märkte die ein Trend aufweisen, sehen wir in der Regel große, nachhaltige Bewegungen, unterbrochen durch kurzfristige Umkehrungen. Anderswo entsprechen die Renditen hingegen weitgehend den Erwartungen. Anfang dieses Jahres erlebten wir beispielsweise die größte eintägige Bewegung an den Anleihemärkten seit 1987. Das war eine massive Umkehr von den nachhaltigen Trends des letzten Jahres.  Während wir versuchen, uns auf das diesjährige Marktumfeld einzustellen und nach vorne zu blicken, gibt es vielleicht nur einen Konsens: Es besteht kein wirklicher Konsens über den Ausblick, wodurch Chancen entstehen.  Manager gehen im Allgemeinen davon aus, dass es für die Zentralbanken sehr schwierig sein wird, den schmalen Grat zwischen der Eindämmung der Inflation und dem recht fragilen Wirtschaftsausblick zu meistern.  

Die allgemeine Meinung ist, dass kurzfristig eine defensive Positionierung erforderlich sein könnte. Mittelfristig betrachten Manager die Chancen eher offensiv, denn in diesem Zeitraum wird die Renditestreuung voraussichtlich weitaus breiter sein, als wir es seit langem gesehen haben. Die Streuung und die Verwerfungen machen auch opportunistisches Investieren sehr interessant, insbesondere durch ein Co-Investment-Programm.  Es gibt nicht genug hochkarätige Manager in der Branche und es gibt mehr gute Ideen als gute Manager.  Wenn man die Möglichkeit hat, dynamisch zu investieren und auf die besten Ideen zuzugreifen, ist eine Co-Investment-Strategie besonders hilfreich.  Co-Investoren haben einen beispiellosen Sourcing-Zufluss erlebt, insbesondere im Bereich der notleidenden Kredite. Aktienorientierte Chancen bestehen ebenfalls, aber dabei handelt es sich in der Regel um idiosynkratische fundamentale Chancen bei Marktverwerfungen. 

Wie spiegelt sich das aktuelle Marktumfeld in der Positionierung von Managern wider?

Parker: Die Situation ist insgesamt recht einzigartig. Darin spiegeln sich die Einschätzung der Manager wider, dass es starke Alpha-Chancen gibt. Über die Richtung des Markts herrscht jedoch kein Konsens.  Wir weisen ein sehr hohes Bruttoexposure auf, das sich am oberen Ende eines Drei- oder Fünfjahreszeitraums befindet, während das Nettoexposure am unteren Ende der Bandbreite liegt.  Dies zeigt, dass unter Managern eine Risk-on-Stimmung sowohl in Bezug auf die Long- als auch Short-Alpha-Chancen herrscht. Insgesamt möchten sie ihr Marktrisiko jedoch überschaubar halten.  

Der wichtigste Trend war der Anstieg der Short Books, insbesondere bei aktienorientierten Strategien über den Short Rebate (d. h. die Zinsen, die man auf den Cash-Erlös aus Leerverkäufen erhält). In einem Umfeld hoher Zinsen funktioniert das bei Leerverkäufen durch höhere Short Rebates eindeutig besser.  In den meisten der letzten zehn Jahre war der Short Rebate tatsächlich null oder manchmal sogar negativ. Das bedeutete zusätzlichen Gegenwind für Leerverkäufer, die auch mit einem steigenden Markt zu kämpfen hatten.  Im Durchschnitt verdienen Manager in unserem PB-Buch derzeit über 400 Bp. an Short Rebate auf S&P 500-Titel.  Darüber hinaus besteht mehr Zuversicht in Bezug auf Leerverkäufe von Einzeltiteln. Im Großen und Ganzen bewegt sich unser Short Book weg von Makroprodukten – Futures, ETFs, Indexprodukte, Körbe usw. – und wieder hin zum Shorten von Einzeltiteln. 

Höhere Zinsen kommen wegen der höheren Rendite auch Strategien mit Cash-Komponenten zugute.  Ein Beispiel sind Strategien, die stark auf Derivate setzen und Barmittel verfügbar haben, die nicht als Margin gehalten werden. All das trägt zu den bereits starken Makro-Chancen bei. Diese einfache mechanische Dimension erleichtert Managern das Leben.

Wie wirkt sich das langfristig auf die Portfoliokonstruktion für Hedgefonds aus?

Springate: Unsere grundlegende Überzeugung ist, dass eine kompetenzbasierte Rendite wirklich wertvoll ist. Sie ist aber auch selten und die Streuung zwischen Gewinnern und Verlierern ist groß.  Um echte Managerkompetenz zu identifizieren, braucht man einen Due-Diligence-Prozess und einen langen Anlagehorizont.  

Die Vorteile einer Allokation in die besten kompetenzbasierten Hedgefonds sind langfristig und in den meisten Marktumgebungen nützlich. In bestimmten Marktlagen sind diese Vorteile allerdings besser sichtbar sind als in anderen.  Und ehrlich gesagt, das Umfeld ist manchmal so, dass die kompetenzbasierten Renditen effektiv höher sind. 

Man muss sich nur die Renditen seit den 1990er Jahren anschauen: Wenn die Federal Funds Rate bei 50 Basispunkten oder darunter lag – also ein Niedrigzinsumfeld herrschte – stiegen die S&P-Renditen enorm. Nimmt man jedoch einen breiteren Hedgefonds-Index als Indiz für die Managerkompetenz, dann litten die Renditen im Niedrigzinsumfeld, verbesserten sich aber in einem normalen Zinsumfeld. Der größte Treiber war die Alpha-Komponente, was die Frage aufwirft: Warum ist das so? Bei jeder Strategie ist das Thema generell größere Trends und mehr Renditestreuung, aber das macht sich ganz unterschiedlich bemerkbar. Heute erinnert die Volatilität an die 1970er und 80er Jahre, als große Trends und hohe Volatilität die Sharpe Ratios dämpften. Wenn Strategien jedoch in der Lage waren, die starken Trends zu nutzen, erzielten sie in der Zeit Rekordrenditen. Etwas Ähnliches spielt sich an den Aktienmärkten ab, und in letzter Zeit haben wir auch Entwicklungen im Kreditbereich beobachtet. 

O’Malley: Unsere Investmentphilosophie geht nicht davon aus, dass man Kapital genau zur richtigen Zeit schnell investieren und abziehen kann.  Stattdessen muss man jederzeit überall sein, um Chancen zu monetarisieren, wenn sie auftauchen. Niemand erwartete den Ukraine-Krieg.  Niemand erwartete den Erdgashandel im letzten Jahr. Aber man kann nicht plötzlich versuchen einzusteigen, nachdem Dinge geschehen. Wir beginnen mit einem jährlichen Plan für die Kapitalallokation. Dann führen wir eine Bottom-up-Analyse für alle Teams durch und überlegen, welche Größenordnung möglich sein könnte. Darüber hinaus regeln die PM dann ihr eigenes Kapital und erhöhen oder reduzieren das Risiko den Möglichkeiten entsprechend.

Wie sollten Anleger an Einzelstrategie-Hedgefonds im Vergleich zu Multi-Manager-Plattformen herangehen?

Parker: Wir sehen eine starke, anhaltende Nachfrage nach Multi-Manager-Strategien. Grund dafür sind die starken historischen Renditen, die nicht nur die Top-Manager, sondern auch durchschnittliche Multi-Manager erzielt haben. Was Anleger wirklich schätzen, sind die starken Risikomanagementfähigkeiten dieser Manager. Sie sind in der Regel marktneutral und bieten Abwärtsschutz sowie Kapitalerhalt, in einigen Fällen auch positive Renditen, obwohl es durchaus die schlimmsten Marktrückgänge der letzten Jahre gab. Über diese Performance-Dimension hinaus bieten diese Firmen intrinsische Eigenschaften, die Anlegern wirklich gefallen. 

Das ist offensichtlich der Zugang zu hochkarätigen Investmentspezialisten, der meiner Meinung nach immer differenzierter wird. Sicherlich hat der Abfluss von Einzel-Manager- zu Multi-Manager-Firmen dazu geführt, dass der Talentpool, aus dem Anleger auswählen, größer und besser geworden ist. Es gibt auch Skalenvorteile, was für Hedgefonds ungewöhnlich ist. Diese Firmen scheinen besser zu werden, je größer sie werden und sich durch erstklassige Systeme und Dateninfrastrukturen, die Top-Talente anziehen. Dadurch verschaffen sie sich einen Wettbewerbsvorteil.  

Auf einen Punkt haben Allokatoren hingewiesen: Diese Firmen sind komplex und schwer zu überprüfen. Letztendlich ist das Vertrauen aber größer, wenn eine Allokation aufgrund der Diversifikation erfolgt, welches diese Firmen bieten. Dazu gehört auch die nachweisliche Wiederholbarkeit der Renditen, die sie erzielen.  

O’Malley: Wir halten uns immer noch an die Kernthese, nach der wir vor 20 Jahren begonnen haben: beständige, wiederholbare, vielfältige Ertragsströme aufbauen, indem die hochkarätigsten Talente mit hochwertiger Infrastruktur und erstklassigem Risikomanagement gewonnen werden.  Obwohl sich diese These nicht geändert hat, ist jetzt etwas anderes erforderlich, um sie zu erreichen. Die erforderliche Strategie, um tatsächlich wiederholbare beständige und vielfältige Renditen zu erzielen, war noch nie breiter in Bezug auf Aktien, Makro, Rohstoffe, Unternehmensanleihen und systematische Strategien.  

Hochkarätige Manager zieht es zu Multi-Strategie-Firmen wie unserer, die wettbewerbsfähig sind. Ein weiterer Vorteil sind die verfügbaren Ressourcen wie die Dateninfrastruktur, die für den Wettbewerb erforderlich, bei Einzelmanager-Firmen aber schwer zu aufrechtzuerhalten sind.  

Selbst mit Ressourcen kann es schwierig sein, externe Talente anzuziehen. Wir legen großen Wert auf Entwicklungsprogramme innerhalb der Firma, um unsere eigenen Portfoliomanager durch die Fortbildung leitender Analysten zu entwickeln.  Wir haben im Laufe des Jahres Hunderte von Schulungsprogrammen durchgeführt, damit sie mit dem Investmentprozess vertraut werden und voneinander lernen. PM-Telekonferenzen zum Beispiel führen wir seit Jahrzehnten durch. Früher waren sie eine Belastung für das Unternehmen. Wir mussten die Leute förmlich dazu zwingen. Heute leiten die PMs die Telefonkonferenzen, die wahrscheinlich unsere produktivsten Diskussionen darstellen, die wöchentlich stattfinden.

Springate: Bei Hedgefonds-Allokationen sind Anleger gewöhnlich mit zwei Risiken konfrontiert: unvorhergesehene Korrelationen zwischen Managern und der relativ hohe Hebeleffekt. Beide Risiken können in Phasen der Marktvolatilität verstärkt werden, insbesondere wenn viele Manager vielleicht koordiniert handeln. Unser Ansatz ist darauf ausgerichtet, so viel wie möglich in unsere Highest Conviction-Titel zu investieren.  Wir beginnen mit einem fokussierten Sourcing- und Diligence-Prozess. Dabei wollen wir feststellen, wer über die wichtigsten Merkmale, eine gute Führung, die Infrastruktur, die organisatorische Ausrichtung und die hochkarätigen Talente verfügt, um wachsen und letztendlich konkurrieren zu können. Separat suchen wir aber auch nach Möglichkeiten, ein Portfolio anders zu konstruieren, orthogonal zu Multi-Strategie-Plattformen, mit Strategien, die man dort nicht unbedingt sieht. 

Einer der Gründe für das erneute Interesse am Dachfonds-Modell im Vergleich zu vor 5 oder 10 Jahren ist, dass es schwieriger geworden ist, ein umfassendes Portfolio von Grund auf neu aufzubauen. Das ist eine Möglichkeit, Zugang zu Top-Managern zu erhalten und gleichzeitig in Strategien zu investieren, die sich noch entwickeln. So baut man intrinsisch Diversifikation auf.

Autor(en)
Avatar
Taylor O'Malley
Co-Founding Partner and President of Balyasny Asset Management, L.P.
Avatar
Freddie Parker
Co-Head of Prime Insights and Analytics for GS Capital Introductions
Avatar
Jack Springate
Co-Head of External Investing Group (XIG) Hedge Fund Strategies Business