EINSETZENDE EBBE: EINE ANALYSE DER STABILITÄT VON PRIVATE MARKETS-FONDSMANAGERN
Mehr als zehn Jahre lang befanden sich die Anzahl von Fonds und die Höhe des von General Partners (GPs) an den Privatmärkten eingesammelten Kapitals im Aufwärtstrend. In diesem Zeitraum war es für GPs relativ einfach, Fachkräfte zu finden und zu halten. Der Rückenwind, den die Branche verspürte, lockte hochkarätige Fachkräfte an, denen man mit immer größeren Vergütungspaketen und der Aussicht auf mehr Chancen Anreize bieten konnte. Während des Aufschwungs nach der Pandemie beschleunigten sich diese Trends, denn es herrschte rege Fundraising- und Deal-Aktivität. Wie in vielen anderen Branchen passten einige Firmen ihren Kurs an eine neue Welt an, in der diese Art von Aktivität und Wachstum die Norm sein würde. Sie stellten mehr Personal ein, steigerten ihren Kapitaleinsatz und ihre Fundraising-Ziele. Nur wenige Quartale nach diesen guten Zeiten hat sich die Aktivität an den Privatmärkten deutlich verlangsamt. Die strukturell höheren Zinsen und die makroökonomische Ungewissheit dürften in den kommenden Jahren für ein schwierigeres geschäftliches Umfeld sorgen.
Limited Partners (LPs) sind mit Zähler- und Nennereffekten konfrontiert und die Fundraising-Zeitrahmen sind dadurch länger geworden. Diese Herausforderungen werden voraussichtlich in den kommenden Quartalen anhalten. Vielen Fonds fällt es nun schwer, ihre Ziele zu erreichen. Sie müssen sich unter Umständen darauf einstellen, dass ihre Fondsgröße nur noch genauso groß oder sogar kleiner als im vorherigen Auflegungsjahr sein wird. Bei kleineren Fondsgrößen könnte sich die potenzielle Carry-Rendite reduzieren, die unter den Investmentteams verteilt wird. Außerdem kann es strukturelle Probleme für GPs geben, die sich an eine bestimmte Höhe von Verwaltungsvergütungen gewöhnt haben, und/oder höhere Verwaltungsvergütungen zur Unterstützung von Organisationen brauchen, die angesichts der Wachstumserwartungen ausgebaut wurden. Die Tatsache, dass GPs mehr Zeit und Mühe in das Einsammeln neuer Gelder stecken müssen, könnte sich für die Investmentteammitglieder als Ablenkung erweisen. Dies stellt nicht nur ein Risiko für die Umsetzung der Strategie dar, sondern könnte auch die Moral und Motivation der Teammitglieder beeinträchtigen, da sie möglicherweise mehr Zeit für das Einsammeln von Kapital aufwenden müssen als für den Einsatz dieser Gelder.
Quelle: PitchBook. Stand: 31. Dezember 2022.
Neben der allgemeinen Verlangsamung des Fundraisings nach der rasanten Ausbreitung von Unterstrategien einiger GPs haben manche nun ihren Kurs anscheinend geändert: Statt mit neuen Strategien in neue Bereiche zu expandieren, bemühen sie sich mehr um bestehende Strategien. Da es unter Umständen weniger Chancen für Investmentspezialisten gibt, auf der Karriereleiter aufzusteigen und neue Aufgaben zu übernehmen, steigt möglicherweise auch das Risiko organisatorischer Instabilität und von Teamfluktuation bei den GPs. Das gilt insbesondere für Spezialisten in der Mitte ihrer beruflichen Laufbahn, die bei ihrer aktuellen Firma nicht mehr denselben Werdegang für sich sehen. Den Schlagzeilen nach haben einige GPs bereits mit dem Stellenabbau begonnen. Außerdem wird in der Branche mit einer Konsolidierung gerechnet, denn selbst erfolgreichen Firmen fällt es schwer, einen tragbaren Zukunftskurs abzustecken (siehe Kasten). Diese Herausforderungen für GPs müssen LPs unserer Ansicht nach unbedingt berücksichtigen, wenn sie aktuelle Fondspositionen und neue Anlagechancen beurteilen.
Reifeprozess führt zu Konsolidierung
Die Private Equity-Branche hat in den letzten Jahrzehnten ein stetiges Wachstum erlebt, sowohl was die Anzahl der Firmen als auch das insgesamt verwaltete Vermögen angeht. Einige wenige GPs erreichten die Größe für einen Börsengang und damit direkten Zugang zu den Kapitalmärkten. Dank der Verfügbarkeit von Finanzierungsmöglichkeiten haben manche von ihnen dann ihr Fondsangebot und ihren Bestand an Fachkräften durch Übernahmen ausgebaut. Die 50 größten GPs schlossen in den zehn Jahren bis 2022 116 strategische Deals ab. Das Tempo zieht jedoch an, denn 40 % dieser Transaktionen fanden in den letzten beiden Jahren statt. An vielen dieser Fusions- und Übernahme-Deals unter GPs sind etablierte Firmen beteiligt, bei denen der Track Record und die Langlebigkeit der Strategie als wertvoller Vermögenswert erworben werden. Bei anderen Deals unter nicht ganz so etablierten GPs handelt es sich eher um sogenanntes Acqui-Hiring von Startups und ihren Engineering-Teams. Das wichtigste Gut sind dabei die übernommenen Fachkräfte. Folglich haben die größten GPs jetzt in der Regel diversifiziertere Strategieangebote. Dadurch können sie andere Chancen verfolgen, während sich der Markt und das Umfeld verändern. Andere GPs, die das auch tun und Multi-Strategie-Plattformen entwickeln möchten, müssen vermutlich Kapital beschaffen – entweder durch einen Börsengang oder den Verkauf von GP-Anteilen.
Die Zunahme von GPs und Fonds in den letzten Jahren, während große GPs gleichzeitig mehr Übernahmen getätigt haben, bedeutet auch, dass die Zahl der potenziellen Übernahmekandidaten so hoch ist wie nie zuvor. Doch nicht nur zyklische Faktoren können zu organisatorischer Instabilität führen. Viele etablierte GPs befinden sich außerdem an einem kritischen Punkt. Fast die Hälfte der 20 bis 35 Jahre alten GP-Firmen haben noch keinen Nachfolgeplan festgelegt. Am anderen Ende des Spektrums bedeutet das Aufkommen so vieler neuer Firmen in den vergangenen 15 Jahren, dass viele der heute tätigen Firmen noch keinen ganzen Marktzyklus hinter sich haben. Viele dieser Firmen haben dank der allgemein günstigen Bedingungen in den letzten zehn Jahren aggressiv expandiert. Jetzt, wo der Markt sich gedreht hat und Fundraising schwieriger geworden ist, müssen sie umdenken und sich eventuell für andere strategische Richtungen entscheiden.
Quelle: Preqin. Stand: Dezember 2022. Enthält alle Private Equity Buyout-Firmen mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 1 Mrd. USD.
Analyse der organisatorischen Stabilität
Vermögensbasis und Strategiemix
Kapital ist das Lebenselixier von Unternehmen und das gilt ganz besonders für Fondsverwaltungsgesellschaften. Private Markets-Manager brauchen eine starke und stabile Kapitalbasis, um Kapital während des gesamten Marktzyklus effektiv und effizient einsetzen zu können. Sie brauchen die Kapitalbasis aber auch, um Fachkräfte angemessen bezahlen und ihnen attraktive Aufstiegsmöglichkeiten bieten zu können. Eine Investmentfirma ist wie viele andere Unternehmen auch am besten aufgestellt, wenn die Kundenbasis (sprich: die LPs) vielfältig und nicht konzentriert ist. Es gibt einige einfache Möglichkeiten, die LP-Basis eines GP zu quantifizieren. Man kann die Gesamtzahl der LPs sowohl auf Firmen- als auch auf Fondsebene betrachten. Oder man kann die Commitments der größten LPs und den prozentualen Anteil der wiederholten Zusagen beurteilen. Auch die Art von LP spielt eine Rolle. Ähnliche Arten von LPs verhalten sich möglicherweise ähnlich, wenn sie über Commitments entscheiden.
Auch die Diversifikation einer Strategie sowie die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Modelle sollten in Betracht bezogen werden. Große, diversifizierte Asset Manager mit mehreren Fondsstrategien sind unter Umständen in der Lage, Ressourcen – vor allem solche, die nicht zum Investmentkapital gehören – je nach Bedarf über eine Plattform zu allokieren. Man kann davon ausgehen, dass sich diese Allokation im Verlauf eines Zyklus ändert. Außerdem sind die Umsatzströme auf Managerebene bei diversifizierten GPs häufig beständiger. Die Ungleichmäßigkeit von Wertentwicklung und Fundraising bei einer bestimmten Strategie reduziert sich, wenn mehrere Strategien zusammengenommen werden. Dadurch kann die Firma Investmentspezialisten eine gleichmäßigere und besser vorhersagbare Vergütung zahlen. Am anderen Ende des Spektrums sollten GPs mit nur einer Strategie theoretisch in der Lage sein, kleinere Teams zu beschäftigen und die Vergütung direkter an die Wertentwicklung zu knüpfen. Dafür haben sie weniger Möglichkeiten, negative Einflüsse abzufedern, die speziell ihre Strategie betreffen. Firmen mit nur einer Strategie verfügen außerdem von Natur aus über weniger Möglichkeiten, jüngere Fachkräfte zu befördern oder mehr Verantwortung übernehmen zu lassen.
Im heutigen Umfeld ist die Herausforderung unter Umständen für die GPs am größten, die sich mitten in einer Expansionsphase befinden und vielleicht noch Fondsstrategien in den ersten Auflegungsjahren haben. Diese GPs müssen eventuell überlegen, ob bestimmte Strategien in Zukunft noch tragbar sind und wie ihre aktuellen Wachstumspläne an die neuen Realitäten angepasst werden sollten. Um die Prioritäten von GPs und die potenzielle Ablenkung durch zusätzliche Strategien zu verstehen, können Anleger die Anzahl der Strategien analysieren, die die Firma über die Jahre verwaltet hat. Dabei sollten sie das durchschnittliche Alter und die Veränderung des verwalteten Vermögens bei den Strategien betrachten. Außerdem sollten Anleger verstehen, welche Mitglieder des Investmentteams auf eine bestimmte Strategie spezialisiert sind bzw. welche Mitglieder an mehreren Strategien mitarbeiten müssen. Zu dieser Analyse gehört neben Gesprächen mit hochrangigen Führungskräften auch die Überlegung, wie Ressourcen zwischen dem Flagship-Team und den Teams anderer Strategien geteilt werden.
Teamstruktur
Die Teamfluktuation ist eine direkte und häufig angewandte Methode, die Stabilität zu beurteilen. Einige Forschungsergebnisse deuten jedoch auf eine positive Korrelation zwischen der Fluktuation und der Wertentwicklung hin. Das mag kontraintuitiv erscheinen, lässt sich aber auf eine Kombination aus zwei Aspekten zurückführen: kurzfristige Steigerungen der Wertentwicklung, wenn leistungsschwache Mitglieder das Team verlassen müssen, und langfristige Performancevorteile durch Fluktuation, durch die eine Firma ihr Know-how anpasst und sich neue Kompetenzen ins Haus holt.1 Welche Strategien und Kompetenzen nötig sind, um erfolgreich zu sein, kann in der Tat davon abhängen, welches makroökonomische Umfeld und welches Segment des Zyklus gerade vorherrschen. Dementsprechend kann man geringe Fluktuation nicht einfach mit Stabilität gleichsetzen. Unserer Ansicht nach sollten Anleger einzuschätzen versuchen, wie ein GP sich anpasst – ob durch die Teamstruktur, das Erwerben neuer Kompetenzen, zusätzliche Fachkräfte oder (in manchen Fällen) Stellenabbau –, um in einem sich wandelnden Markt einen Vorteil zu bewahren und Alpha zu generieren. LPs sollten sich auch anschauen, ob genug Rechenschaftspflicht besteht und ob die Maßstäbe, an die sich alle halten müssen, hoch genug sind. Das gilt auch für dienstältere Spezialisten, die langfristig eine weniger aktive Rolle in der Organisation einnehmen.
Wenn Investmentfirmen wachsen, steigt zwangsläufig auch ihre Komplexität. Organisationen müssen jedoch versuchen, klare Kommunikationslinien und eine einfache Struktur zu bewahren. Stabilität beginnt ganz oben mit einer starken Führung. Investmentgeschick ist unerlässlich und Führungskräfte müssen Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und den Prozess haben. Es besteht allerdings auch die Gefahr von Selbstüberschätzung und einer Konsolidierung von Entscheidungen. Erfolgreiche GPs begrenzen in der Regel die Anzahl der Personen, die Führungskräften der oberen und mittleren Führungsebene direkt unterstellt sind. Solche flacheren Hierarchien können zu einer besseren Zusammenarbeit führen und jüngeren Teammitgliedern mehr Weiterentwicklungs- und Aufstiegschancen bieten. Die Aufstiegsmöglichkeiten für bestimmte Rollen sollten klar festgelegt sein. Außerdem muss die Nachfolge aus Kontinuitätsgründen geregelt sein (siehe Kasten).
Da die Fluktuation alleine nicht ausreicht, um das Team und die Struktur zu beurteilen, sollten auch die Zusammensetzung und das Vorgehen des Investmentausschusses gründlich geprüft werden. Sind diverse Standpunkte vertreten, kann eine resilientere Organisation mit mehr Zusammenhalt unter den Teammitgliedern entstehen. An der Eigentumsstruktur der Firma erkennt man, wie Ressourcen aktuell geteilt werden und wie sich die Struktur auf die Zusammenarbeit und die langfristige Planung auswirken kann.
Motivation
Die Meinung „unsere Mitarbeitenden sind unser größtes Kapital“ hat sich in vielen Bereichen zum Klischee entwickelt. Im Bereich Private Equity sind wir allerdings der Meinung, dass die Menschen wirklich das Fundament bilden. Das Einstellen und Binden von Fachkräften wird als oberstes Ziel für GPs jeder Größenordnung genannt.2 Je mehr die Privatmärkte zum integralen Bestandteil der Kapitalmärkte und von Investmentportfolios werden, desto mehr wird der Wettbewerb um erfahrene Fachkräfte zunehmen. Die Fähigkeit, Fachkräfte angemessen zu motivieren, könnte im aktuellen Umfeld schwieriger werden: Weniger Exits werden sich auf kurze Sicht voraussichtlich auf die Carry-Auszahlungen auswirken und eine potenziell schwächere Fondsperformance könnte die Höhe von Vergütungspools langfristig beeinträchtigen.
Die Vergütung ist zweifellos ein wichtiger Motivator für viele Mitarbeiter in den unterschiedlichsten Bereichen – und Private Equity ist da keine Ausnahme. Anleger können das Engagement des GP für den Fonds allgemein beurteilen, d. h., wie der Fonds finanziert wird und wie eingezahlt wird oder wie Carry allokiert wird, um die komplexen wirtschaftlichen Anreize zu verstehen. Zunehmend legen Mitarbeiter jedoch auch Wert auf andere Faktoren am Arbeitsplatz. Die Forschung hat gezeigt, dass das Niveau der Fachkräfte am besten durch eine Beurteilung wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Anreize erklärt werden kann.3 Zu den nichtwirtschaftlichen Anreizen zählen z. B. die Möglichkeit, selbstständig zu arbeiten, hohe Kompetenz zu erlangen und auf ein Ziel hinzuarbeiten. Auch flexible Arbeitsmöglichkeiten (z. B. mobiles Arbeiten) entwickeln sich immer mehr zu einem wichtigen Kriterium. Zu einer sorgfältigen Prüfung sollte neben dem Lesen der offiziellen Firmenrichtlinien auch das Gespräch mit Fachkräften aller Ebenen des GP gehören, um einen qualitativen Eindruck des Arbeitsklimas zu erhalten.
Quelle: EY. The 2023 EY Global Private Equity Survey (Globale Private Equity-Studie 2023 von EY). Stand: 18. Januar 2023.
Kompetente Fachkräfte suchen sich anspruchsvolle und erfüllende Tätigkeiten. Deshalb brauchen GPs einen Plan, wie sie hochkarätige Mitarbeiter motivieren und belohnen. GPs, die diese Chancen nicht anbieten, laufen Gefahr, Fachkräfte an die Konkurrenz zu verlieren oder dass diese Fachkräfte einen eigenen Fonds auflegen. Zum ersten Mal einen Fonds aufzulegen ist bekanntermaßen eine Herausforderung, vor allem in dem schwierigen Fundraising-Umfeld von heute. Diejenigen, die Erfolg damit haben, kommen häufig von etablierten GPs, bei denen sie bereits Erfolge erzielen durften.4
Auf der Suche nach einer soliden Grundlage
Nachdem sich das Marktumfeld gedreht hat, müssen sich viele GPs mit den neuen Realitäten des Fundraising und der Leitung ihrer eigenen Firma auseinandersetzen. Diese Herausforderungen sind auch eine wichtige Variable, die LPs berücksichtigen müssen, wenn sie bestehende Positionen beurteilen und über neue Fonds-Commitments nachdenken. Ein entscheidender Faktor bei Private Market Investments ist auch immer die organisatorische Stabilität, denn mit einem Commitment in einen Fonds verpflichtet man sich in der Regel für mehr als ein Jahrzehnt. Umso wichtiger ist die organisatorische Stabilität heute, denn jedes Marktbeben kann Risse im Fundament einer Firma verursachen.
1Cornelli, Simintzi und Vig, „Team Stability and Performance: Evidence from Private Equity“ (Teamstabilität und -performance: Evidenz aus dem Private Equity-Bereich), Mai 2019.
2EY, „Three ways CFOs are adapting to emerging private equity trends” (Drei Wege, wie CFOs sich an aufkommende Private Equity-Trends anpassen), 18. Januar 2023
3Goldman Sachs Asset Management, Stand 2015, und Ouimet, Paige und Tate, Geoffrey A., „Firms with Benefits? Nonwage Compensation and Implications for Firms and Labor Markets“ (Firmen mit freiwilligen Leistungen? Zusatzleistungen und deren Auswirkungen für Firmen und Arbeitsmärkte) (5. Juli 2023). Verfügbar auf SSRN: https://ssrn.com/abstract=4112463 oder http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.4112463
4Private Equity International. „LPs pull back from first-time funds“ (LPs ziehen sich von Erstauflegungen zurück) Stand: 1. Dezember 2022.