EMEA Investment Forum 2024: Erkunden, identifizieren, anwenden, reflektieren
Trotz Anzeichen eines besseren makroökonomischen Hintergrunds sind Investoren 2024 mit erhöhten geopolitischen Risiken und Unsicherheiten durch Wahlen konfrontiert. Auch die Dynamik bei den verschiedenen Anlageklassen verändert sich. Investoren suchen nach neuen Möglichkeiten, um Chancen zu erkennen und attraktive risikobereinigte Renditen zu erzielen. Auf unserem EMEA Investment Forum in London beschäftigten sich die führenden Köpfe der Branche ausführlich mit den Triebfedern ökonomischer Veränderungen. Sie sprachen über die langfristigen Trends an den Public und den Private Markets und erörterten, welche Strategien zum Erfolg führen.
Erkunden
Das diesjährige Forum begann mit einer Besprechung des aktuellen makroökonomischen Umfelds: Wie ist es entstanden? Wohin werden sich Volkswirtschaften möglicherweise entwickeln? In den USA zeichnete sich das vergangene Jahr durch robustes Wachstum, langsam sinkende Inflation und starke Renditen an den Aktienmärkten aus. Leitzinssenkungen sind abzusehen, aber die hartnäckig hohe Inflation bleibt kurzfristig ein Risiko. Für Unsicherheit bei Investoren sorgen die US-Wahlen im November ebenso wie die wachsende Belastung durch höhere Staatsschuldenquoten und steigende Schuldendienstkosten.
Europäische Volkswirtschaften erleben eine zyklische Verbesserung, nachdem sie sich in den letzten Quartalen an eine Energiekrise und Leitzinsanhebungen in Rekordhöhe anpassen mussten. Mit der Zinswende der Europäischen Zentralbank werden sich Investoren voraussichtlich auf Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten im Euroraum konzentrieren. Auch die langfristigen politischen Veränderungen, die sich aus den EU-Wahlen ergeben, werden von Interesse sein. In Großbritannien, wo die Politik die Schlagzeilen dominiert hat, warten Marktteilnehmer auf den Beginn eines Lockerungszyklus, der weiterhin von den Inflationszahlen abhängt. Chinas Immobilienmarkt, Schuldendynamik und alternde Bevölkerung sorgen nach wie vor für Gegenwind. Die staatliche Unterstützung der Gesamtwirtschaft, der Wohnungs- und Kapitalmärkte hat die Stimmung zuletzt jedoch gehoben, wenn auch von einem niedrigen Ausgangsniveau.
Neben der makroökonomischen Lage befassten sich die Referierenden auch mit der Entwicklung und schnellen Akzeptanz der generativen Künstlichen Intelligenz (KI). Trotz Debatten über die Chancen und Risiken dieser Technologie herrschte breite Einigkeit, dass die generative KI nicht nur ein Schlagwort, sondern eine wirklich transformative Kraft ist. Mit der zunehmenden Erkenntnis, was die KI zu leisten vermag, informieren sich immer mehr Investoren auch über die aktuellen Einschränkungen und Risiken. Ausschlaggebend für die Entwicklung der KI wird voraussichtlich die Qualität der Datensätze sein. Mit anderen Worten: Es gibt keine KI-Strategie ohne eine Datenstrategie. Wer saubere, gut organisierte und leicht verfügbare Daten hat, ist am besten aufgestellt, um mit Informationsvorteilen durch die KI fundiertere Entscheidungen treffen zu können.
Identifizieren
Volkswirtschaften entwickeln sich zunehmend in unterschiedliche Richtungen, und langfristige Trends beschleunigen sich. Daher besprachen die Referierenden beim Forum, wie Investoren mit diesen neuen Dynamiken umgehen und Trends an den Public und den Private Markets erkennen können. Die erhöhte Marktvolatilität und zunehmende Streuung innerhalb und zwischen den Anlageklassen schaffen generell ein günstiges Umfeld für aktives Management.
Investoren gestanden ein, dass das geschäftliche Umfeld für Private Equity schwieriger geworden ist: Die Exit-Aktivität hat sich noch nicht erholt und die Haltedauer von Beteiligungen verlängert sich weiter. Manager (GP) konzentrieren sich weiterhin darauf, Portfoliounternehmen nach einem Bottom-up-Ansatz zu identifizieren und ihren Wert zu steigern. An den Aktienmärkten waren die Gewinne trotz makroökonomischer Unsicherheit solide. Einige der größten US-Unternehmen mit Qualitätsmerkmalen und starken Bilanzen notieren immer noch zu hohe Bewertungen. Investoren wiesen während des Forums auf Möglichkeiten hin, in bisher wenig beachtete Bereiche zu investieren. Dazu zählen zum Beispiel kleinere Unternehmen, die in der Vergangenheit zu Beginn von Lockerungszyklen gut abgeschnitten haben. Auch Unternehmen in Ländern mit günstigen makroökonomischen und geopolitischen Dynamiken wie Indien und Japan sollten beachtet werden.
Anleiheinvestoren an den Public und den Private Markets erlebten einen Paradigmenwechsel. An den Public Markets befinden sich die Renditen hochwertiger Anleihen in den USA, Europa und Großbritannien fast auf dem höchsten Stand seit zehn Jahren. Dank ihrer geringen oder negativen Korrelation mit anderen Risikoanlagen wie Aktien bieten sie Diversifikationsvorteile. Die Spreads bleiben aufgrund der gesunden Fundamentaldaten von Anleihen und des langsamen, aber positiven Wirtschaftswachstums vermutlich länger niedrig. Aktive Investoren sind eventuell am besten aufgestellt, um mit Anzeichen von nachlassenden Gewinnen sowie spätzyklischem Verhalten umzugehen, was für die Fundamentaldaten von Anleihen ungünstig sein kann. Bei Private Credit hat der Wettbewerb um Kapital letztes Jahr zu einer Spreadeinengung geführt. Dennoch sind die Renditen nach wie vor attraktiv. In einem Umfeld länger höher bleibender Finanzierungskosten halten Investoren die Qualität der Kreditvergabe, strukturelle Disziplin, robuste Sourcing-Pipelines und Erfahrung für entscheidend. Veränderungen der Angebot- und Nachfragedynamik prägen auch weiterhin die Chancen bei Private Credit. Es besteht hohe Nachfrage nach semiliquiden Vehikeln, die Kapital schnell investieren wollen.
Anwenden
Bei den Breakout-Sitzungen konnten die Branchenführenden eingehender erörtern, was für den Erfolg in bestimmten Bereichen notwendig ist und wie Strategien umgesetzt werden. Thema war auch die Rolle der Private Markets. Es wurde besprochen, wie einige der Hindernisse, die Privatanlegern den Zugang erschwerten, allmählich verschwinden. Ein weiteres Schwerpunktthema war das wachsende Universum der Green Bonds, Social Bonds und nachhaltigen Anleihen in Industrie- und Schwellenländern. Referierende erläuterten, warum immer mehr große und komplexe Organisationen ausgelagerte Lösungen für das Management ihrer Portfolien wünschen. Zu den Gründen zählen unter anderem Kosteneinsparungen sowie besserer Zugang zu Ressourcen, Informationen und Investmentmöglichkeiten.
Geopolitische Instabilität bleibt in diesem politisch aktiven Jahr ein Dauerthema. Die Teilnehmenden des Forums betonten die Notwendigkeit makroökonomischer und geopolitischer Erfahrung für ausgeklügelte Investmentstrategien, um Risiken steuern zu können. Es gibt jedoch auch Investmentchancen in Bereichen, die von einer zunehmend fragmentierten Welt profitieren. Dazu zählen die steigende Nachfrage nach Sicherheitslösungen für Lieferketten, Ressourcen und nationale Verteidigung.
Reflektieren
Investieren erforderte schont immer Resilienz. Die Fähigkeit, Marktvolatilität zu verkraften, ohne das Vertrauen zu verlieren oder langfristige Ziele aufzugeben, ist heute wichtiger denn je. Um potenzielle langfristige Gewinner im Wandel zu einer nachhaltigeren, integrativeren Wirtschaft zu finden, muss man die Spreu vom Weizen trennen und Signale für echte Veränderungen erkennen können. Da waren sich die Investoren einig. Dazu werden voraussichtlich ein ständiger Dialog mit den Unternehmensführungen, präzise Messungen der CO2-Effizienz und Inklusion auf Unternehmensebene notwendig sein. Auch die generative KI muss stärker eingesetzt werden.
Die Referierenden wiesen darauf hin, dass Chancen und Risiken im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Vielmehr überschneiden sie sich mit technologischem Fortschritt, demografischem Wandel und Deglobalisierungstrends. Diese Dynamiken erfordern vorausschauende Planung und Analyse sowie ein tiefgehendes Verständnis der Überschneidungen von Marktthemen. Viele Unternehmen mit hohem Emissionsaufkommen in kapitalintensiven Sektoren passen ihre Geschäftsmodelle derzeit an. Diese Entwicklung birgt Chancen für Investoren. Der Aufbau einer gerechteren Wirtschaft durch Bildung, Finanzdienstleistungen und Gesundheitsversorgung schafft weitere Investmentmöglichkeiten. Ein erfolgreicher Wandel zu nachhaltigen, integrativen Volkswirtschaften braucht Unternehmen, die innovative Lösungen bieten.
Erfolgreiches Investieren in unterschiedliche Anlageklassen, Branchen und Themen wird in Zukunft voraussichtlich ganz anders aussehen als bisher. Merkmale wie Resilienz, Ideenreichtum und Verantwortlichkeit standen daher beim diesjährigen EMEA Investment Forum im Vordergrund. Sie werden entscheidend sein für Investoren, die Chancen in einer sich wandelnden Welt nutzen möchten.
Die Weisheit der Masse
Chancen bei börsennotierten Aktien: Beim EMEA Investment Forum 2024 von Goldman Sachs Asset Management baten wir führende Investmentspezialistinnen und -spezialisten um ihre Einschätzungen der Chancen an den Aktienmärkten. Die Sitzung hieß „Wisdom of the Crowd“, also die Weisheit der Masse. Luke Barrs, Global Head of Client Portfolio Management, Fundamental Equity, und Hania Schmidt, Global Co-Head of Client Portfolio Management, Quantitative Investment Strategies, erörtern die Antworten und welche Chancen das zweite Halbjahr 2024 bieten kann. Wir befragten Investorinnen und Investoren beim Forum, wo sie die besten Aktienmarktrenditen in der zweiten Jahreshälfte erwarten. Insgesamt bleibt die Stimmung optimistisch, obwohl breite Bedenken über geopolitische Risiken bestehen. Die Präferenzen hinsichtlich Stil und Marktkapitalisierung scheinen unter den Befragten ausgewogen zu sein. Künstliche Intelligenz wird von den meisten nicht nur als Hype, sondern als bahnbrechende Technologie angesehen. Je mehr Volkswirtschaften und Branchen durch neue KI-Tools verändert werden, desto mehr wird voraussichtlich in KI investiert.
Basierend auf 158 Antworten beim EMEA Investment Forum, 22. Mai 2024.
Um die Stimmung unter den Teilnehmenden beim diesjährigen Forum einzuschätzen, haben wir das Publikum in London gefragt, ob sie bei Aktien „optimistisch“, „neutral“ oder „pessimistisch“ sind. Die Mehrheit hat eine positive Einstellung, obwohl fast 40 % der Befragten „neutral“ sind. Ganz allgemein stimmen diese Ansichten weitgehend mit unserem vorsichtig optimistischen Blick auf das globale Aktienumfeld für die zweite Jahreshälfte 2024 überein. Unsere Fundamental Equity und Quantitative Investment Strategies Teams sehen eine Vielzahl von Chancen in unterschiedlichen Regionen und Sektoren. Hochwertige Unternehmen mit sich verbessernden Fundamentaldaten werden voraussichtlich von einem sich allmählich bessernden Wachstumshintergrund und dem Beginn von Lockerungszyklen in den Industrieländern profitieren. Angesichts der komplexen und sich verändernden makroökonomischen und geopolitischen Bedingungen wird ein aktives Management unserer Meinung nach entscheidend sein.
Basierend auf 162 Antworten beim EMEA Investment Forum, 22. Mai 2024.
Nahezu die Hälfte der Befragten nannten die USA als den Markt mit den besten Renditechancen. Europa und die Schwellenländer erhielten jeweils etwa 20 % der Stimmen, gefolgt von Japan mit einem einstelligen Prozentsatz. Dass US-Aktien bevorzugt werden, ist wohl nachvollziehbar. Die Unternehmensgewinne in den USA sind zuletzt besser als erwartet ausgefallen. Ein Großteil des Gewinnwachstums des S&P 500 stammt weiterhin von den „Magnificent 7“, obwohl die Performanceunterschiede innerhalb der Gruppe größer werden. In der zweiten Jahreshälfte 2024 werden Investoren voraussichtlich die Gelegenheit haben, ihr Aktienengagement über die größten US-Titel hinaus und auf verschiedene Regionen auszuweiten. Der japanische Aktienmarkt beispielsweise ist weiterhin vielversprechend. Die Inflation ist stabil, die Lohnentwicklung verbessert sich und die Unternehmensreformen nehmen Fahrt auf. Unter den Schwellenländern wird sich der indische Aktienmarkt trotz kurzfristiger, wahlbedingter Volatilität voraussichtlich weiter positiv entwickeln. Indiens makroökonomisches Wachstum und seine Stabilität werden durch langfristige Trends wie Digitalisierung und eine günstige demografische Entwicklung gestützt. Dadurch entstehen langfristige Chancen für aktive Stockpicker.
Basierend auf 162 Antworten beim EMEA Investment Forum, 22. Mai 2024.
Die meisten befragten Investorinnen und Investoren sind der Meinung, dass Growth-Aktien in den kommenden Monaten besser abschneiden werden als Value-Titel. Das Ergebnis von 60:40 deutet jedoch darauf hin, dass in beiden Bereichen Chancen gesehen werden. Das halten wir für vernünftig. Welcher der beiden Anlagestile den Markt dominierte, änderte sich in den letzten Quartalen immerhin häufig. Diese Dynamik spricht für einen ganzheitlichen Blick auf die Faktoren, die bei einer bestimmten Aktie Alpha generieren. Chancen sehen wir sowohl bei hochwertigen Wachstumsaktien als auch bei traditionellen zyklischen Substanzwerten in resilienten Branchen. Mit einem aktiven Investmentansatz können Investoren sowohl überbewertete Bereiche unter den Growth-Aktien als auch redundante Geschäftsmodelle im Value-Bereich meiden.
Basierend auf 130 Antworten beim EMEA Investment Forum, 22. Mai 2024.
In Bezug auf die Marktkapitalisierung teilten sich die Präferenzen ebenfalls 60:40 auf. Die Mehrheit erwartet die beste Performance von Large-Caps, während der Rest Small-Caps favorisiert. Wir gehen davon aus, dass niedrigere Zinsen den gesamten Aktienmarkt unterstützen, sowohl Large-Caps als auch kleinere Unternehmen. Schneller profitieren werden voraussichtlich Unternehmen mit kürzeren Refinanzierungszyklen und einem höheren Anteil an variabel verzinslichen Schulden. Das sind vor allem Small-Caps. Im Schnitt schneiden Small-Caps in den 12 Monaten nach einem Zinsgipfel besser ab als Large-Caps. Die aktuellen Bewertungen erscheinen gemessen an den Fundamentaldaten ebenfalls attraktiv. In dem großen, vielfältigen und wenig erforschten Small-Cap-Universum kann aktives Management helfen, Alpha-Chancen zu nutzen und Risiken effektiv zu steuern.
Basierend auf 96 Antworten beim EMEA Investment Forum, 22. Mai 2024.
Die meisten Investorinnen und Investoren nannten geopolitische Risiken als größte Sorge. Das ist wenig überraschend angesichts einer möglichen Eskalation der Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten. Auch die politische Unsicherheit ist in diesem Mega-Wahljahr hoch, insbesondere durch die bevorstehende US-Präsidentschaftswahl im November. Szenarioanalysen und Absicherungsstrategien können neben langfristig orientierten Entscheidungen bei der Portfoliokonstruktion dazu beitragen, die Anfälligkeit bei großen Schockereignissen zu verringern. Langfristige Chancen entstehen auch durch geopolitische Dynamiken, die Handelsmuster und staatliche Prioritäten verändern. Wir halten beispielsweise das Thema Sicherheit für unumgänglich. Regierungen und Unternehmen sind zunehmend darauf fokussiert, langfristige Lieferketten-, Ressourcen- und nationale Sicherheit zu gewährleisten.
Basierend auf 131 Antworten beim EMEA Investment Forum, 22. Mai 2024.
Wir stimmen der Mehrheit zu, dass die Künstliche Intelligenz eine revolutionäre Technologie ist. Im ersten Halbjahr 2024 wiesen unsere Fundamental und Quantitative Investment Strategies Teams darauf hin, dass Investments in und mit Künstlicher Intelligenz – zwei unterschiedliche, aber miteinander verbundene Ansätze – eine langfristige Outperformance erzielen können. Unternehmen, die die notwendige KI-Infrastruktur aufbauen, wie etwa Cloud-Anbieter und Halbleiterhersteller, steigern ihre Umsätze. In den kommenden Quartalen werden voraussichtlich Investmentchancen bei Unternehmen entstehen, die Firmenkunden effektive Lösungen für Datenschutz und das Trainieren von KI-Modellen bieten. Grundsätzlich wollen viele Softwarefirmen ihre Produkte und Dienstleistungen mit KI verbessern. Aber die meisten haben ihre Ambitionen noch nicht in die Tat umgesetzt. KI-Strategien, Investitionsrenditen und Rentabilität werden voraussichtlich eingehender auf den Prüfstand gestellt, wenn Unternehmen mehr für KI ausgeben.