Makroökonomie

Fixed Income Outlook Q4 2024

26. November 2024 | 4 Minuten Lesezeit
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Kay Haigh
Co-Head and Co-CIO, Fixed Income and Liquidity Solutions
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Whitney Watson
Co-Head and Co-CIO, Fixed Income and Liquidity Solutions

Anleihen ganz oben auf der Agenda

Die Zentralbanken haben sich von der Inflationsbekämpfung dem konventionellen Konjunkturzyklus-Management zugewandt. Weltweit werden die geldpolitischen Zügel gelockert, was für eine Rotation von Barmitteln zu Anleihen spricht. Mit ihrer Leitzinssenkung um 0,5 % im September reagierte die US-Notenbank (Fed) auf Schwächen am Arbeitsmarkt mit dem Ziel, eine weiche Landung zu bewerkstelligen. Dieser proaktive Zinsschritt ermutigte auch die Zentralbanken in den Schwellenländern und anderswo, ihren Lockerungskurs zu beginnen oder fortzusetzen. China hat noch weitere Konjunkturmaßnahmen ergriffen, um den Immobiliensektor zu stabilisieren und die Binnennachfrage anzukurbeln.

Die Zentralbanken mögen zum konventionellen Management des Konjunkturzyklus zurückgekehrt sein, aber das Investmentumfeld bleibt unkonventionell. Die erhöhte handelspolitische Unsicherheit und geopolitische Spannungen können Energiepreisschwankungen auslösen. Volatilität kann auch durch die Wahlen, die Veröffentlichung von Konjunkturdaten oder andere Ereignisse, durch die die Risikobereitschaft sinkt, verursacht werden. Dennoch bieten traditionelle Anleihen wie Investment-Grade-Unternehmensanleihen und verbriefte Kredite nach wie vor einen hohen strategischen Nutzen. Sie werfen bei soliden Fundamentaldaten attraktive Erträge ab, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Wachstumsrisiken die Inflationsrisiken überwiegen. Außerdem scheinen die Zentralbanken gewillt, die geldpolitischen Zügel bei Wachstumsschwächen schneller zu lockern. Die schützende Wirkung von Anleihen zeigte sich Anfang August und September, als ein Wachstumseinbruch befürchtet wurde, sowie 2023, als der Bankenstress bei US-Regionalbanken sich auszubreiten drohte.

Opportunistische Anleger können Hochzinsanleihen in Betracht ziehen, die attraktive Renditen abwerfen und von der kräftigen Liquidität dank der globalen Geldpolitik profitieren. Der Lockerungskurs der Fed und Chinas Konjunkturmaßnahmen schaffen zusammen einen günstigen Hintergrund für Schwellenländeranlagen wie Fremdwährungs-, Lokalwährungs- und Unternehmensanleihen. Aktiven Anlegern eröffnet die Marktvolatilität Gelegenheiten, Positionen, von denen sie besonders überzeugt sind, zu attraktiven Bewertungen auszubauen.

Ein Verständnis des Kontexts und der Feinheiten jedes Anleihesegments ist entscheidend. Die Spreads sind im Vergleich zu nach der Finanzkrise eng, was auf ein vorteilhaftes fundamentales und technisches Umfeld hinweist. Die Verzinsung befindet sich allerdings auf dem höchsten Niveau seit einem Jahrzehnt und bietet ein attraktives Renditepotenzial durch Erträge. In Sektoren wie Hochzins- und Schwellenländeranleihen hat sich die Bonität verbessert. Hinzu kommen Änderungen in der Sektorzusammensetzung. All das deutet darauf hin, dass sich die Spreads bei bestimmten Anleihen weiter einengen können. Diese Dynamik macht eine Bottom-up-Titelauswahl umso wichtiger, um diejenigen Emittenten zu identifizieren, die für zyklische wie strukturelle Trends gut aufgestellt sind.

Im letzten Quartal des Jahres halten wir zum Schutz eine längere Duration für vorteilhaft. Anleger sollten außerdem das gesamte Anleihespektrum nutzen, einschließlich Ertragschancen in Spread-Sektoren wie Unternehmensanleihen und verbrieften Krediten wie auch globale Möglichkeiten.

Wichtige Investmentthemen

  1. Die Duration hochdrehen: Mit einer längeren Duration können sich Anleger vor Wachstumsrisiken schützen und am Kurspotenzial von Staatsanleihen partizipieren, wenn die geldpolitischen Zügel weltweit gelockert werden. Die Fed und andere Zentralbanken scheinen bereit zu sein, ihren Lockerungskurs bei Wachstumsschwächen zu beschleunigen. In diesem Umfeld eignen sich Anleihen als attraktive Absicherung gegen Abwärtsrisiken. Sie dienen auch der Positionierung für steilere Zinsstrukturkurven. Die Rückkehr höherer Renditen im Vergleich zum letzten Zyklus und die wieder negative Korrelation zwischen Anleihen und Aktien sprechen ebenfalls dafür, die Duration in Portfolien zu verlängern.

  2. Bei anhaltendem Wachstum Erträge erzielen: Wir sehen in Spread-Sektoren wie Unternehmensanleihen und verbrieften Krediten weiterhin Ertragspotenzial. Trotz steigender Wachstumsrisiken herrscht weiterhin eine robuste Konsumlaune. Außerdem sind die Unternehmen finanziell gesund und die Zentralbanken lockern die geldpolitischen Zügel, um das Wachstum zu stützen. In diesem Umfeld können Anleger weiter Erträge mit Unternehmensanleihen aus Schwellen- und Industrieländern sowie mit verbrieften Krediten erzielen. Die engen Spreads sind unseres Erachtens durch die starke Nachfrage nach Renditen und die soliden Fundamentaldaten von Anleihen gerechtfertigt. Dennoch ist eine aktive Titelauswahl entscheidend.

  3. International investieren: Die Zentralbanken unterscheiden sich in ihrem Tempo und ihren voraussichtlichen Zielen, wodurch Relative-Value-Chancen bei Staatsanleihen aus Industrieländern entstehen. Wir sehen auch Potenzial bei Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern, die sich besonders in Ländern mit hohen und restriktiven Leitzinsen eng an US-Staatsanleihen orientieren. An einigen Märkten sind mögliche geldpolitische Lockerungen nicht ausreichend eingepreist, wodurch ein attraktives Ertrags- und Gesamtrenditepotenzial besteht, wenn diese Zinsschritte umgesetzt werden. Auch Fremdwährungsanleihen aus Schwellenländern bleiben aufgrund ihres Ertragspotenzials eine attraktive Anlageklasse. Bei einigen Hochzinsemittenten sind weitere Spread-Einengungen und höhere Gesamtrenditen möglich. Eine kluge Titelauswahl ist jedoch unerlässlich. Das Ende der Unsicherheit über die US-Wahlen und chinesische Konjunkturmaßnahmen können die positive Stimmung gegenüber Schwellenländeranleihen verstärken. Wir behalten jedoch mögliche Tail-Risiken durch breite Zölle im Blick. Mehr Chancen sehen wir auch bei Green Bonds. Emittenten aus immer mehr Sektoren und Ländern finanzieren sich an diesem Markt. Die schrumpfenden Risikoaufschläge zeigen, dass Anleger keine Abstriche beim Ertrags- oder Renditepotenzial mehr machen müssen, um umweltbewusst zu investieren.

Was wir beobachten

Arbeitsmärkte und Konsumausgaben

Der private Konsum ist eine wichtige Wachstumsstütze in den großen Volkswirtschaften, und ein gesunder Arbeitsmarkt ist für die Konsumlaune unerlässlich. Derzeit profitieren Verbraucher von hoher Beschäftigung, stabilen Finanzen, sich normalisierenden Ausfallraten und einer Erholung des Verbrauchervertrauens. Die zurückgehende Gesamtinflation und die gute Beschäftigungslage tragen ebenfalls zum Reallohnwachstum bei. Es gibt jedoch länderspezifische Unterschiede. In Japan, den USA und der Eurozone sind die Schuldendienstquoten immer noch niedrig. In Australien, Kanada und Großbritannien haben sie angezogen, weil dort der Anteil der Hypothekendarlehen mit kürzerer Zinsfestschreibung höher ist.1 Geringverdiener stehen vor Herausforderungen, aber die Leitzinssenkungen der Zentralbanken bieten eine gewisse Entlastung. Die Verbraucher geben zwar noch Geld aus, aber sie sind wählerischer geworden. In Europa wird mehr vorsorglich gespart, sodass die Konsumbereitschaft niedriger ist als in den USA. In China belasten die steigende Arbeitslosigkeit und negative Vermögenseffekte, insbesondere in den großen Städten, das Konsumverhalten.

Grafik 1: Der US-Arbeitsmarkt: schwächer, aber resilientGrafik 1: Der US-Arbeitsmarkt: schwächer, aber resilient

Quelle: Macrobond. Stand: September 2024.

Politik und politisches Handeln

Wie die US-Wahl ausgeht und auf welche politische Agenda wir uns danach einstellen müssen, ist äußert ungewiss. Bei einem Einzug der Republikaner ins Weiße Haus wäre eine Zolleskalation wahrscheinlich, denn der Präsident hat die Exekutivgewalt über die Handelspolitik. Das würde auch mit der Wahlkampfrhetorik und den Maßnahmen der Jahre 2018-19 übereinstimmen. Handelszölle können das Wirtschaftswachstum belasten. Die Inflation würde schnell, aber nur kurzzeitig steigen. Die Fed müsste ihren Lockerungskurs eventuell kurz verlangsamen und dann wieder beschleunigen, wenn die Auswirkungen auf das Wachstum sichtbar werden. Derzeit hemmt eine hohe handelspolitische Unsicherheit Investitionspläne, die aber nach der Wahl möglicherweise fortgesetzt werden. Der nur begrenzte Anstieg der Risikoprämien bietet Anlegern die Möglichkeit, High-Conviction-Positionen aufzustocken, sollte es wegen der Wahlunsicherheit zu einem Ausverkauf kommen. Breite Zölle können jedoch das globale Wachstum erheblich und nachhaltig belasten.

Geopolitische Spannungen

Die anhaltenden Konflikte rund um den Globus sorgen für enormes menschliches Leid, und unsere Gedanken sind bei allen Betroffenen, zu denen auch Kunden und Kollegen gehören. Diese Konflikte können außerdem erhebliche wirtschaftliche Kosten mit Folgen für die Finanzmärkte verursachen. Aufgrund der erhöhten geopolitischen Risiken im Nahen Osten sind die Ölpreise zwar zuletzt gestiegen, aber sie befinden sich immer noch nahe eines mehrjährigen Tiefs. Das liegt an den hohen Reserven und den geringen Produktionsausfällen. Vorerst sind die wirtschaftlichen Folgen daher noch begrenzt. Dennoch gilt unser Hauptaugenmerk den Tail-Risiken, die die Ölpreise in die Höhe treiben können: weniger Öl aus dem Iran, ein weiterer Rückgang der Öltransporte über das Rote Meer und eine Unterbrechung des Handels über die Straße von Hormus. Letzteres würde zu einem signifikanten Anstieg der Ölpreise mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen führen. Dazu zählen ein sprunghafter Anstieg der Gesamtinflation, ein Einkommensschock für Verbraucher und ölimportierende Länder sowie eine starke Verschärfung der Finanzierungsbedingungen durch eine Risk-off-Stimmung.

Grafik 2: Geopolitische Volatilität kann Handelsspannungen verschlimmernGrafik 2: Geopolitische Volatilität kann Handelsspannungen verschlimmern

Quelle: Macrobond. Stand: 2021. Basierend auf dem jährlich herausgegebenen KOF Globalisierungsindex vom Dezember 2023. Die ökonomische Globalisierung setzt sich zu gleichen Teilen aus der Handelsglobalisierung und der finanziellen Globalisierung zusammen. Die soziale Globalisierung enthält die Bereiche persönliche Kontakte, Informationsflüsse und kulturelle Globalisierung, die jeweils ein Drittel beitragen. Die ökonomische, die soziale und die politische Globalisierung werden mit gleichem Gewicht zum Globalisierungsindex aggregiert.

1 Quelle: Goldman Sachs Global Investment Research G10 Consumer Dashboard. Stand: 1. Oktober 2024. 

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In unserem Ausblick für das vierte Quartal erörtern wir das makroökonomische Umfeld, die politische Lage und die Investmentaussichten für das restliche Jahr.
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