Asset Management Outlook 2025: Disruption in jeder Hinsicht
Dieser Artikel ist Teil unserer Reihe Outlook 2025: Gründe für eine Neuausrichtung.
Disruption in jeder Hinsicht
Volkswirtschaften versuchen, ein besseres Gleichgewicht zu erreichen. Dennoch sind auch 2025 Disruptionen aus unterschiedlichen Richtungen zu erwarten. Wir konzentrieren uns dabei auf die Signale, die auf echten Wandel hindeuten. Einige strukturelle Einflüsse werden von besonderer Bedeutung sein: Dekarbonisierung, Digitalisierung, Deglobalisierung, geopolitische Destabilisierung und demografische Alterung. Anleger müssen die langfristigen Auswirkungen dieser Trends analysieren und dort, wo sie aufeinandertreffen, Chancen identifizieren. Durch die strategische Allokation von Kapital an den Public und Private Markets können sowohl die Finanzergebnisse als auch der realwirtschaftliche Impact positiv beeinflusst werden.
Wendepunkt im Energiebedarf
Künstliche Intelligenz, die Energiewende, ein robustes Wirtschaftswachstum und das Reshoring der Industrieproduktion sorgen dafür, dass die Nachfrage nach Strom und anderer Energie kräftig steigt. Der Energiebedarf wird voraussichtlich auch 2025 zunehmen und sich in den Jahren danach noch intensivieren. Dazu tragen die Elektrifizierung des Verkehrs, Hitzewellen, die den Bedarf an Klimaanlagen erhöhen, und langsamere Effizienzsteigerungen bei Rechenzentren bei. Noch stärker belastet möglicherweise die KI das Energiesystem (eine ChatGPT-Suche verbraucht etwa das 6- bis 10-Fache der Energie einer herkömmlichen Google-Suche).1 Sie kann aber auch die Suche nach Lösungen unterstützen, um Rechenzentren und Stromnetze effizienter zu machen. Ein starker Anstieg des Energiebedarfs dürfte den Übergang zu erneuerbaren Energiequellen beschleunigen. Kurzfristig kann er jedoch dazu führen, dass Versorgungsunternehmen wieder vermehrt leicht verfügbare fossile Brennstoffe nutzen.

Quelle: Masanet et al. (2.020), IEA, Cisco, Goldman Sachs Global Investment Research. Stand: 28. April 2024.
Große Volkswirtschaften wie die USA, Europa und Japan konzentrieren sich auf die Rückverlagerung ihrer Halbleiterproduktion. Sie wollen jedoch auch die Energieinfrastruktur ausbauen, damit Nettoexporteure von „Intelligenz“ ihre Daten für das Trainieren von KI-Modellen nicht mehr an andere Anbieter oder Länder senden müssen. Der steigende Energiebedarf schafft Investmentmöglichkeiten bei Versorgern, erneuerbarer Energieerzeugung sowie Industrieunternehmen, die mit ihren Investitionen und Produkten Wachstum fördern. Wind-, Solar- und Kernenergie wie auch Gas werden Teil des Energiemixes sein. Hybride Lösungen, die die Netzresilienz und -effizienz unterstützen, sind entscheidend, um Ausfälle zu minimieren. Energiegroßspeicher verringern die Wahrscheinlichkeit von Netzüberlastungen und ermöglichen eine stärkere Nutzung erneuerbarer Energien. Durch den wachsenden Energieverbrauch von Rechenzentren steigt auch die Nachfrage nach Lösungen für eine effiziente Ressourcen- und Flächennutzung darunter sauberes Wasser und Infrastruktur.
Sicherheit weiter von herausragender Bedeutung
Nach einem Mega-Wahljahr können politische Veränderungen in großen Volkswirtschaften 2025 Teile der Weltwirtschaft erschüttern. Dennoch wird wohl keine Regierung bei der Sicherheit Kompromisse eingehen. Sicherheit – sei es in Lieferketten, bei Ressourcen oder auf nationaler Ebene – bleibt eine Grundvoraussetzung für nachhaltiges Wachstum. Der politische Rückenwind dafür wird bestehen bleiben und sich in einigen Fällen sogar verstärken. Trotz der Unsicherheit über die Zukunft des Inflation Reduction Act (IRA) während einer zweiten Amtszeit von Donald Trump wird bezahlbare, zuverlässige und nachhaltige Energie für Unternehmensführungen auch in Zukunft obersten Stellenwert haben. Gleichzeitig dürften Sicherheitsbedrohungen größer und komplexer werden, d. h., der Bedarf an modernen Verteidigungs- und Cybersicherheitslösungen wächst. Die Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz, aber auch die hohen geopolitischen Spannungen werden anhalten. Bemühungen der US-Regierung, die Technologielieferkette des Landes zu stärken, werden daher wahrscheinlich parteiübergreifende Unterstützung genießen.
In Europa enthält der kürzlich vorgestellte „Draghi-Plan“ Empfehlungen, wie private Investitionen gefördert, Europas Wettbewerbsfähigkeit gesteigert, die Produktivitätslücke zu den USA und China geschlossen und die wirtschaftliche Sicherheit durch weniger Abhängigkeit verbessert werden können. Die Energiekrise von 2022 hat beispielsweise gezeigt, wie entscheidend eine sichere Versorgung mit kritischen Ressourcen von wichtigen Handelspartnern ist. In Europa bremsen die hohen Energiekosten weiterhin das Wachstum. Gleichzeitig beeinträchtigen niedrige Produktions- und Netzkapazitäten die Verbreitung digitaler Technologien und die Elektrifizierung des Verkehrs. Etwa die Hälfte der im Draghi-Plan vorgesehenen zusätzlichen Jahresinvestitionen von 800 Mrd. EUR würden in saubere Energie und Elektromobilität fließen.2 Eine Umsetzung des Plans kann wichtige Impulse für Energieversorger und sogenannte „Electrification Compounders“ in der EU geben.
Wir setzen nach einem ganzheitlichen Ansatz langfristig auf das Thema Sicherheit. Lieferketten-, Ressourcen- und nationale Sicherheit in Industrieländern bieten neben einem breiten Spektrum an Investmentideen auch die Chance, ein gut diversifiziertes Portfolio mit ausgewogenen Sektorallokationen zusammenzustellen.
Nachhaltigkeit: Renditen stärker im Fokus
Anleger richten ihr Augenmerk wieder zunehmend auf finanzielle Wesentlichkeit und die Grundlagen von Renditen. Durch die Abkehr von dem Ansatz, ganze Industriezweige einfach auszuschließen und sich nur auf emissionsarme Branchen zu fokussieren, vergrößert sich das Anlageuniversum. Dadurch können mehr echter Impact und eine bessere Wertentwicklung erzielt werden. Wir rechnen mit einem wachsenden Schub, Nachhaltigkeit sowohl mit der Kursentwicklung als auch mit quantifizierbarem realwirtschaftlichem Impact zu verknüpfen.
Kapital in emissionsintensivere Sektoren wie Energie, Versorgungsunternehmen oder die Produktion von Zement, Chemie und Stahl zu lenken, wird als Schlüssel zur Dekarbonisierung der Realwirtschaft erkannt. In den Anfangstagen des nachhaltigen Investierens war das ganz anders. Viele Anleger waren auf emissionsarme Sektoren fokussiert, die als umweltfreundlicher galten. Das Umdenken spiegelt sich jetzt im Wachstum von zukunftsorientierten „Transition“- und „Improver-“Strategien wider. Sie investieren in der Regel mehr in Unternehmen, die voraussichtlich die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftstätigkeit und Produkte verbessern. Anleger müssen die Herausforderungen verstehen, vor denen emissionsintensive Sektoren wie Öl und Gas, Luft-/Raumfahrt und Verteidigung sowie Metall und Bergbau bei der Dekarbonisierung stehen. So lassen sich Unternehmen, die echte Fortschritte machen, und die Lösungen, die sie zur Erreichung ihrer Ziele benötigen, einfacher identifizieren.
Drei Schlüsselfragen
1. Wie kann sich die US-Wahl auf nachhaltiges Investieren auswirken?
Obwohl nach den US-Wahlen die Unsicherheit über die Nachhaltigkeitspolitik und vor allem den Inflation Reduction Act (IRA) zunehmen kann, wird es unabhängig vom politischen Umfeld und kurzfristiger politischer Prioritäten voraussichtlich weiterhin robuste wirtschaftliche Anreize für nachhaltiges Investieren geben. Beispielsweise verbessern sich die Voraussetzungen für saubere Technologien kontinuierlich (hochwertigere Lösungen, niedrigere Kosten). Generell beobachten wir ein wachsendes Interesse von Unternehmen und Anlegern an Dekarbonisierung. Das Wachstum der KI sorgt für einen höheren Bedarf an energieintensiveren Ressourcen. Klimabedingte Gefahren erfordern außerdem schnellere Antworten und Vorbereitung. Unser Fokus liegt weiterhin auf finanziell relevanten Faktoren, die sowohl Investmentmöglichkeiten als auch Risiken beeinflussen.
2. Wie können Anleger Biodiversitätsrisiken und -chancen in ihre Investmentprozesse integrieren?
Der Klimawandel stört zunehmend das Gleichgewicht der Biodiversität. Die Natur rückt daher mehr in den Fokus von Regierungen, Firmenlenkern und Anlegern. Die unterschiedlichen Begrifflichkeiten und Ansätze am Biodiversitätsmarkt erschweren jedoch die Orientierung. Aus unseren eigenen Erfahrungen und Gesprächen empfehlen wir Anlegern, zunächst die Anlageziele klar zu definieren. Dann erst sollten sie die geeigneten Tools auswählen, um Unternehmen zu bewerten und Möglichkeiten für umsetzbare Biodiversitätsinvestments zu identifizieren.
3. Welche Auswirkungen hat die zunehmende Wechselwirkung zwischen KI, Geopolitik und Energiewende für Anleger?
Diese Kräfte können ganz unterschiedlich zusammenwirken. Die KI kann beispielsweise das Energiesystem belasten, aber auch die Suche nach Lösungen unterstützen, um Rechenzentren und Stromnetze effizienter zu machen. Anleger müssen diese Wechselwirkungen sowie deren Auswirkungen auf Investitionen erkennen und verstehen. Wer sich isoliert auf ein einzelnes Thema konzentriert, kann Chancen verpassen und Risiken unterschätzen. Gerade beim Investieren kann die Leistungsfähigkeit der KI genutzt werden, um zukünftig Alpha zu generieren. Dies erfordert allerdings eine durchdachte Datenstrategie und menschliche Expertise.
Lesen Sie auch Ein neues Gleichgewicht, Auf Anleihen setzen, Den Aktienhorizont erweitern und Alternative Wege gehen, um mehr über unsere Einschätzungen der Investmentmöglichkeiten 2025 und potenzielle Quellen attraktiver Renditen zu erfahren.
1 Goldman Sachs GIR. Stand: 28. April 2024.
2 Europäische Kommission, Goldman Sachs GIR. Stand: 14. Oktober 2024.
