Resilienz für den kommenden Richtungswechsel aufbauen
Die US-Wirtschaft zeigt sich nach wie vor robust, während die zweite Trump-Administration beginnt, ihre Agenda umzusetzen. Ein einigermaßen solides Wachstum und eine moderate Inflation erscheinen möglich. Dennoch markiert die neue Regierung unter Präsident Trump den Beginn eines neuen Kapitels. Für noch mehr Divergenz sorgen eventuell nationale wie internationale makroökonomische und Markttreiber, die das Wachstum in einzelnen Volkswirtschaften entweder vorantreiben oder bremsen. Daher sollten Anleger unbedingt die vorherrschenden Einflussfaktoren berücksichtigen und ihre Portfolien durch aktives Management und breite Diversifikation resilienter aufstellen.
Wichtige wirtschaftliche Wegweiser
Unser Basisszenario für die US-Wirtschaft geht davon aus, dass sie 2025 stärker wächst als in anderen Industrieländern. Dazu dürften ein anhaltend robustes Produktivitätswachstum und lockere Finanzierungsbedingungen dank weiterer Leitzinssenkungen beitragen. Die Inflation ist trotz vereinzelter Schwankungen in den letzten Monaten weiter zurückgegangen. Auch die robuste Konsumlaune und ein entspannterer, aber immer noch stabiler Arbeitsmarkt stützen die US-Wirtschaft. Änderungen in der Handelspolitik, fiskalische Unsicherheit, regulatorische Anpassungen und ein Wechsel in der Einwanderungspolitik können dieses gesunde wirtschaftliche Gleichgewicht jedoch stören. Für Wachstum, Inflation und Beschäftigung würde sich ein breiteres Spektrum möglicher Szenarien ergeben.
Potenzielle Steuersenkungen und Deregulierung können die Zuversicht in den Vorstandsetagen stärken, die Deal-Aktivität fördern und ein kräftiges Wachstum bei Private-Market-Investments in den kommenden Quartalen stützen. „Tierische Instinkte“ hatten Ende 2024 die Aktienmärkte beflügelt und das Geschäftsklima aufgehellt. Der NFIB Small Business Optimism Index stieg von 94 Punkten im Oktober auf 105 im Dezember. Das war der stärkste zweimonatige Anstieg seit Beginn der Erhebung.1 US-Indikatoren der Investitionspläne im verarbeitenden Gewerbe kletterten im Januar auf den höchsten Stand seit 2021. Im Februar gaben sie jedoch wieder nach und fielen auf das niedrigste Niveau seit August 2024.2 Ob der Optimismus über Deregulierung und Steuersenkungen nachlässt oder anhält, bleibt abzuwarten.

Quelle: NFIB, Goldman Sachs Global Investment Research. Stand: 24. Januar 2025.
Höhere Zölle und eine restriktivere Einwanderungspolitik stellen andererseits Abwärtsrisiken für das Wachstum dar. Besonders Handelszölle erschweren die makroökonomische Lage. Der S&P Global US Manufacturing PMI deutete im Februar auf eine schneller Expansion im verarbeitenden Gewerbe hin.3 Der ISM Manufacturing Index hingegen fiel stärker als erwartet, wobei die Befragten im Februar die Zollpolitik als Ursache für Unsicherheit und Volatilität nannten.4 Am 1. Februar verhängte US-Präsident Trump per Dekret Einfuhrzölle von 25 % gegen Mexiko und Kanada (10 % auf Energie) sowie von 10 % gegen China.5 Nach einem einmonatigen Aufschub traten die US-Zölle gegen Mexiko und Kanada am 4. März in Kraft. Zwei Tage später wurden einige Zölle bereits wieder ausgesetzt.6 Trump drohte außerdem mit weiteren Zöllen auf Einfuhren aus der Europäischen Union.7 Die Unberechenbarkeit der US-Zollpolitik könnte sich zu einem Leitthema entwickeln, mit dem Zentralbanken und Anleger 2025 umgehen müssen. Neue Handelsbarrieren können den Rückgang der Inflation auf das Ziel der Fed verlangsamen, werden ihn aber nicht vollständig aufhalten. Aggressivere Zollmaßnahmen lösen am Markt möglicherweise Spekulationen über Leitzinserhöhungen später im Jahr aus.

Quelle: Policyuncertainty.com, Goldman Sachs Global Investment Research. Stand: 31. Dezember 2024.
Ein breites Spektrum an Risiken
Die gegenläufigen Kräfte von optimistischen „tierischen Instinkten“ einerseits und Sorgen über Handelszölle sowie eine restriktivere Einwanderungspolitik auf der anderen Seite ändern nichts an unserem Basisszenario eines einigermaßen stabilen Wachstums und nachlassender Inflation. Dennoch bestehen zahlreiche Tail-Risiken, die das Geschäftsklima oder die Risikostimmung an den Finanzmärkten trüben können.
Eine neue Handels- und Einwanderungspolitik kann häufigere und schwerere Angebotsschocks zur Folge haben. Steigende Inflation würde das Risiko erhöhen, dass Aktien und Anleihen wieder im Gleichschritt fallen. Der US-Aktienmarkt scheint aufgrund seiner akuten Konzentration anfällig für ein enttäuschendes Gewinnwachstum. Bei einem nachhaltigen Anstieg der Anleiherenditen kann es zu einer Verschärfung der Finanzierungsbedingungen und Wachstumsrisiken kommen. Die Fiskalpolitik und die enorme US-Staatsverschuldung treiben unter Umständen die Laufzeitprämien und die langfristigen Renditen in die Höhe. Vor dem Hintergrund der bereits hohen Defizite muss die Kombination aus Steuersenkungen und Staatsausgaben genau beobachtet werden.
Die geopolitischen Entwicklungen im Nahen Osten, der Krieg in der Ukraine und Spannungen in der Taiwanstraße werden vermutlich auch im weiteren Jahresverlauf im Fokus stehen. Das kann unterschiedliche Auswirkungen für Risikoanlagen haben. Die Einführung von Handelszöllen angesichts der guten Wirtschaftsentwicklung in den USA und eines größtenteils stabilen Zinsgefälles reichen möglicherweise aus, um den US-Dollar kurzfristig noch zu stärken. Sollte sich das US-Wachstum abschwächen und die Fed die geldpolitischen Zügel lockern, kann das den Dollar mittelfristig belasten.
Vor Antritt der neuen US-Regierung war die Wirtschaftsstimmung in der Eurozone gedämpft. Besonders auffällig im aktuellen Zyklus war das verhaltene Konsumwachstum in Europa trotz stärker steigender Realeinkommen. Angesichts der negativen Stimmung stiegen die Sparquoten. Das außerordentliche Finanzpaket, das am 4. März nur wenige Tage nach der Bundestagswahl verkündet wurde, hat den Konjunkturausblick bereits verändert. Neben Aufwärtsrisiken für das Wachstum beinhaltet es sowohl Defizite als auch Schulden.
In China wird der Immobilienmarkt die Wirtschaft vermutlich auch 2025 belasten. US-Zölle auf chinesische Importe sind sehr wahrscheinlich, was die wirtschaftlichen Risiken für China erhöht. Darauf reagiert die chinesische Regierung eventuell mit weiteren Konjunkturmaßnahmen, die das inländische Konsumwachstum ankurbeln sollen. Für die Schwellenländer generell hat sich der externe Hintergrund in den letzten Monaten verändert. Statt der Aussicht auf eine sanfte Landung der US-Wirtschaft und nicht rezessionsbedingte Leitzinssenkungen herrscht nun Sorge über Zölle, höhere US-Zinsen und einen starken US-Dollar. Das belastet Schwellenländeranlagen und sorgt 2025 für ein schwierigeres Marktumfeld.
Resilienz im Fokus
Alles in allem ist jetzt ein guter Zeitpunkt, Portfolien durch aktives Management und Diversifikation resilienter aufzustellen.
Unser Ausblick für globale Aktien ist angesichts der robusten gesamtwirtschaftlichen Aktivität und Leitzinssenkungen weitgehend positiv. In den USA dürften solide makroökonomische Indikatoren und weitere Zinsschnitte der Fed Aktien stützen. Potenzielle Steuersenkungen und Deregulierung können sich ebenfalls günstig auswirken. Die entscheidenden Markttreiber werden jedoch die Unternehmensgewinne und Politik der Trump-Regierung sein. Angesichts des Potenzials diesbezüglicher Überraschungen ist ein aktives Management entscheidend.
Die Outperformance der Magnificent 7 prägte den US-Aktienmarkt 2024 maßgeblich. Abseits der stark konzentrierten Wachstumssektoren können 2025 Chancen im moderater bewerteten S&P 493 entstehen. Weitere technologiegetriebene Marktturbulenz ist im Wettrennen um die Künstliche Intelligenz (KI) möglich. Dann würden die Höhe und der Zeitpunkt des ROI auf KI-Investitionen stärker in den Fokus rücken.
Die Aussicht auf ein riesiges Finanzpaket in Deutschland und höhere Verteidigungsausgaben in ganz Europa kann europäische Aktien kurzfristig stützen und die Unsicherheit über Handelszölle wettmachen. Weitere Leitzinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) hätten ebenfalls positive Auswirkungen. Eine baldige Auflösung der Unsicherheit über globale Handelszölle und die Entwicklungen in der Ukraine würde die Stimmung in der Region ebenfalls aufhellen. In Japan rechnen wir mit einer soliden makroökonomischen Dynamik (Normalisierung der Geldpolitik, Rückkehr der Inflation) und positiven Strukturreformen (Unternehmensführung). Dadurch entstehen Alpha-Chancen für Stock-Picker. Das Ende der langjährigen Stagflation wirkt sich positiv auf die Umsätze, Gewinnmargen und das Gewinnwachstum japanischer Unternehmen aus. In den Schwellenländern werden sich potenzielle chinesische Konjunkturmaßnahmen und US-Handelszölle auf die Aktienentwicklung auswirken. Indien profitiert weiterhin von starken Unternehmensbilanzen und robustem Wachstum.
Angesichts weltweiter politischer Unsicherheit besteht für Multi-Asset-Portfolien weiter das Risiko von Inflations- und Zinsvolatilität. Das kann die Markterwartungen und die Korrelationen zwischen Anlageklassen verändern und 60/40-Portfolien aus dem Gleichgewicht bringen. Ein aktives Management und Diversifikation können dieses Risiko mindern. Gezielte Allokationen in unterschiedlichen ertragsgenerierenden Anlagen, die weniger mit den traditionellen Märkten korrelieren, können das Auf und Ab eines Marktzyklus abfedern. Zusätzlich zu stabilen Ertragsströmen stärken auch gute Kenntnisse von Hedging-Strategien und ihren Anwendungsmöglichkeiten die Resilienz von Portfolien und helfen Anlegern, sich auf unerwartete Ereignisse einzustellen.
Die richtige Auswahl nichttraditioneller Investments, die nur gering mit den Public Markets korrelieren, schützt ebenfalls bei Unsicherheit. Eine gute Ergänzung ist Private Credit, denn die Anlageklasse kann die Renditen traditioneller Anleihestrategien steigern und Risiken mindern. Die Vielfalt an Chancen entlang des gesamten Spektrums der Kapitalstruktur und Kreditnehmer ermöglicht eine Diversifikation nach Anlageklassen und Renditequellen.
Eine Welt voller Risiken und Chancen
Das makroökonomische Umfeld ist zwar immer noch resilient, aber die US-Politik bleibt unklar. Änderungen der Handels-, Steuer-, Einwanderungs- und Deregulierungspolitik können ganz unterschiedliche Auswirkungen für politische Entscheidungsträger und Anleger verursachen. Die zunehmende Ungewissheit über die Akzeptanz und den Wettbewerb um die KI kann ebenfalls zu mehr technologiebedingter Volatilität führen. Ob die „tierischen Instinkte“ nun nachlassen oder auf die Entscheidungen von Unternehmen und Anlegern übergreifen, eines ist sicher: Wirtschaftliche, politische und technologische Veränderungen schaffen sowohl Chancen als auch Risiken. Aktives Investieren, Diversifikation und ein diszipliniertes Risikomanagement über traditionelle Aktien, Anleihen und Regionen hinaus kann Portfolien resilienter für ein neues und unsicheres Marktumfeld machen.
1NFIB, Goldman Sachs, Global Investment Research. Stand: 24. Januar 2025.
2Federal Reserve Bank of Philadelphia. Manufacturing Business Outlook Survey. Stand: 20. Februar 2025.
3S&P Global US Manufacturing PMI. Stand: 3. März 2025.
4Goldman Sachs Global Investment Research. Stand: 3. März 2025.
5Weißes Haus (.gov). Stand: 1. Februar 2025.
6Goldman Sachs Global Investment Research. Stand: 6. März 2025.
7Financial Times. Stand: 31. Januar 2025.

