Neue Marktordnung, neue Wege: Die Evolution der Hedgefonds
Seit 2022 ist ein neues Marktumfeld entstanden, das sich durch höhere Volatilität, Zinssätze und Inflation auszeichnet. Nach Pandemie und quantitativer Lockerung (QE) hat sich das Renditepotenzial von Hedgefonds strukturell verbessert. Gleichzeitig nehmen die Performanceunterschiede zwischen den besten Managern (General Partner oder GPs) und solchen, die hinterherhinken, weiter zu. Doch auch die Hedgefondsbranche selbst hat sich grundlegend gewandelt. Heute sind Hedgefonds durchweg schwieriger zu bewerten und schwerer zugänglich als früher.
In der Branche hat sich eine stark binäre Struktur mit Plattform-Hedgefonds auf der einen und spezialisierten Fonds auf der anderen Seite herausgebildet. Außerdem ist das Spektrum der Anlagemöglichkeiten breiter geworden. Neben Fonds bieten Manager auch Einzelmandate (Separately Managed Accounts oder SMA) und Co-Investments an. Die Grenzen zwischen den Strategien verschwimmen zunehmend. Heute sind Investoren (Limited Partner oder LPs) daher gefordert, ihre Hedgefonds-Programme neu zu bewerten, zu strukturieren und umzusetzen. Dazu sollten sie das breitere Spektrum an Anlagemöglichkeiten nutzen und eine präzise Managerselektion treffen.
Den Markt verstehen
Die QE-Ära von 2009 bis 2021 zeichnete sich durch gedämpfte Volatilität aus, was Risikoanlagen mit hohem Beta zugutekam. In diesem Umfeld war ein konstant hohes Aktien-Beta vorteilhaft, denn die Aktienmärkte warfen überdurchschnittliche Renditen ab. Anleihen hingegen eigneten sich eher zur Absicherung gegen Aktienrisiken, da die Korrelation zwischen diesen Anlageklassen meist neutral oder negativ war. Vor diesem außergewöhnlichen Hintergrund waren Hedgefonds für Investoren wie für Manager weniger lukrativ.
Quelle: Goldman Sachs Asset Management; Stand: 30. Juni 2024. „EQ“: MSCI World NR USD Index. „FI“: Bloomberg Barclays Global Agg. Index. Quelle: MSCI, Stand: 30. Juni 2024. Quelle: Barclays, Stand: 30. Juni 2024. „Post-QE“ beginnt am 1. Januar 2022. Nur zur Veranschaulichung. Von in der Vergangenheit bestehenden Korrelationen kann nicht auf zukünftige Korrelationen geschlossen werden, die Schwankungen unterworfen sein können. Die bisherige Wertentwicklung ist kein Indikator für zukünftige Renditen und bietet keine Garantie im Hinblick auf zukünftige Ergebnisse, die Schwankungen unterworfen sein können. Ausführlichere Informationen finden Sie im Glossar.
Seit 2021 hat sich das Marktumfeld durch erhöhte Zinssätze, Volatilität und Inflation gewandelt. Die Erwartungen für Beta-Renditen1 sind gedämpfter; Aktien und Anleihen korrelieren enger miteinander. Das macht Hedgefonds attraktiver für Allokationsentscheidungen. Hinzu kommt, dass eine höhere Volatilität und größere Renditeunterschiede kompetenten Hedgefonds-Managern reichlich Titelauswahlmöglichkeiten, sprich: ein höheres Alpha-Potenzial, bieten. Die absoluten und sogar mehr noch die risikobereinigten Zahlen belegen das: Hedgefonds haben traditionelle 60/40-Portfolios auf Ein-, Drei- und Fünfjahresbasis übertroffen.2 Von 2020 bis 2024 sank die durchschnittliche Rendite eines 60/40-Portfolios von 6,1 % auf 5,5 %, während die Hedgefondsrendite im gleichen Zeitraum von 4,8 % auf 9,3 % stieg. Begünstigend kommt hinzu, dass die Renditen von Hedgefonds nicht mit den Renditen herkömmlicher Fonds korrelieren.3 Das hat die Nachfrage nach Hedgefonds deutlich beflügelt. Eine aktuelle Studie von Goldman Sachs Prime Brokerage unter Allokatoren zeigt, dass Hedgefonds unter traditionellen und alternativen Anlageklassen mit Blick auf zukünftige Allokationen am gefragtesten sind.4

Quelle: GS Prime Insights & Analytics Allocator Survey. Für diese Studie identifizierte und interviewte das GS Prime Insights & Analytics Team knapp 40 Multi-Manager-Firmen, die zusammen ein Vermögen von über 300 Mrd. USD verwalten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für zukünftige Ergebnisse. Dieses Dokument dient ausschließlich zu Diskussionszwecken und erhebt keinen Anspruch auf eine umfassende Analyse der Risiken und Chancen einer bestimmten Idee oder Strategie.
Es herrscht breites Interesse an allen Hedgefonds-Strategien, vor allem jedoch an Portable Alpha- und Equity Flex-Strategien (z. B. 130 % Long/30 % Short oder 250 % Long/150 % Short). Ein Portable Alpha-Programm kombiniert ein passives Index-Engagement über gehebelte Futures oder Derivate (Beta von 1) mit einer Alpha-Quelle, typischerweise unkorrelierten Hedgefonds (Beta von 0). Dieses Alpha ist dann „portabel“, d. h., es kann auf andere Teile des Portfolios übertragen werden. Flex-Strategien ermöglichen es traditionellen Long-only-Managern, ihre dynamischen Markteinschätzungen mit Long- und Short-Positionen „flexibler“ umzusetzen und dabei ein Beta von 1 beizubehalten. Trotz ihrer Unterschiede bieten beide Strategien eine Lösung, wenn die Renditeerwartungen für passive Long-only-Investments gedämpft sind.
Die Trends im Blick
Die Hedgefondsbranche ist nicht nur erheblich gewachsen – das verwaltete Vermögen stieg seit 2015 von 1,4 Billionen USD auf 4,5 Billionen USD5 –, auch ihre Komplexität und Struktur haben sich verändert. Sie ist binärer geworden, mit Multi-PM-, „Pod“- oder „Plattform“-Hedgefonds auf der einen Seite und spezialisierten kleineren Hedgefonds auf der anderen. Die Entscheidungsprozesse laufen auf beiden Seiten sehr unterschiedlich ab. Auch die Zugangsmöglichkeiten sind vielfältiger geworden: Neben klassischen Investmentfonds gibt es Einzelmandate (SMAs) und Co-Investments. Die Grenzen zwischen Plattform-Hedgefonds und Fund-of-Funds, zwischen proprietären und externen Fonds sowie zwischen Hedgefonds und Liquid Alternatives verschwimmen immer mehr. Daher sollten Allokatoren ihre Hedgefonds-Programme überdenken. Eine präzise Strategie- und Managerselektion, Portfoliokonstruktion und Risikosteuerung sind heute essenziell.
Größere Renditestreuung
Die Renditeunterschiede unter den Hedgefonds haben im Vergleich zu anderen Anlageklassen zugenommen. Umso wichtiger ist daher die Managerselektion.

Quelle: Goldman Sachs Asset Management, Cambridge Associates, Nasdaq eVestment, Albourne; Stand: 31. Dezember 2023. Stellt die durchschnittliche Renditestreuung um den medianen Manager für die Auflegungsjahre 2000 bis 2019 jeder Private-Market-Strategie sowie für die zehnjährigen Renditen jeder Public-Market-Strategie und für Hedgefonds dar. Börsennotierte Aktien werden durch Large-Cap-Aktien dargestellt. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für zukünftige Ergebnisse. Dient nur zu Schulungszwecken und ist nicht als Anlageberatung oder als ein Angebot oder eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren aufzufassen.
Bewertung und Zugang schwieriger
Hedgefonds haben sich rasant weiterentwickelt und sind komplexer geworden. Das trifft besonders auf Multi-PM-Hedgefonds zu, die heute weniger transparent, weniger liquide und durch Pass-Through-Gebühren teurer sind. Ihre Beurteilung erfordert daher eine gründlichere Analyse der kulturellen, Risikomanagement-, Talentakquise-, Daten-, Technologie- und Infrastrukturvorteile. Auch der Zugang ist schwieriger geworden. Gerade die performancestärksten Manager sind oft für neue Anleger geschlossen und einige zahlen sogar Kapital an bestehende Anleger zurück.
Neue Zugangsmöglichkeiten
In der Branche entwickelt sich zunehmend eine Barbell-Struktur aus überkapitalisierten, schwer zugänglichen Multi-PM-Hedgefonds und unterkapitalisierten, einfacher zugänglichen spezialisierten Hedgefonds. Letztere bieten eher Einzelmandate und Co-Investments an, sodass Investoren gezielt in die besten Investmentideen von Managern investieren können. Diese Dynamik eröffnet neue Wege, um sich Ertragsströme aus Multi-PM-Hedgefonds mit mehr Liquidität und attraktiveren Gebühren zu sichern.
Quelle: GS Prime Insights & Analytics Allocator Survey. Für diese Studie identifizierte und interviewte das GS Prime Insights & Analytics Team knapp 40 Multi-Manager-Firmen, die zusammen ein Vermögen von über 300 Mrd. USD verwalten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für zukünftige Ergebnisse. Dieses Dokument dient ausschließlich zu Diskussionszwecken und erhebt keinen Anspruch auf eine umfassende Analyse der Risiken und Chancen einer bestimmten Idee oder Strategie.
Die neue Dynamik der Multi-Manager-Hedgefonds
Multi-Manager-Hedgefonds mit ihren verschiedenen Untergruppen wie Multi-PM/Pod-Shops verzeichnen ein deutlich stärkeres Wachstum des verwalteten Vermögens als der Rest der Hedgefondsbranche. Ihre jährliche Wachstumsrate lag in den vergangenen sechs Jahren bei beeindruckenden 18,3 %, während die übrige Branche lediglich um 2,3 % wuchs.6 Dies ist in erster Linie ihrer Fähigkeit zu verdanken, unkorrelierte, kompetenzbasierte Renditen zu erzielen. Hinzu kommt die stetige Nachfrage von Allokatoren.

Quelle: GS Prime Insights & Analytics Allocator Survey. Für diese Studie identifizierte und interviewte das GS Prime Insights & Analytics Team knapp 40 Multi-Manager-Firmen, die zusammen ein Vermögen von über 300 Mrd. USD verwalten. Der USD-Betrag entspricht dem durchschnittlich verwalteten Vermögen von Managern, die laut eigenen Angaben die vorgegebenen Konditionenänderungen eingeführt haben. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für zukünftige Ergebnisse. Dieses Dokument dient ausschließlich zu Diskussionszwecken und erhebt keinen Anspruch auf eine umfassende Analyse der Risiken und Chancen einer bestimmten Idee oder Strategie.
Die Strategie von Multi-PM-Hedgefonds besteht darin, Kapital auf mehrere interne Portfoliomanager zu allokieren. Damit versuchen sie, Kompetenz zu „industrialisieren“, indem sie hochkarätige Fachkräfte gezielt anwerben, entwickeln und binden. Im Wettbewerb um Talent und Ressourcen haben Multi-PM-Hedgefonds ihre Vergütungen erhöht (hauptsächlich durch Pass-Through-Strukturen), die Liquidität eingeschränkt und neue Anlagenklassen/Strategien eingeführt. Sie allokieren sogar mehr Kapital an externe Manager. Oftmals sind das ehemalige Portfoliomanager, die eigene Fonds auflegen.7 Dadurch zählen Pod-Shops heute nicht nur zu den kostenintensivsten, illiquidesten und am schwersten zugänglichen Untergruppen, sie verwischen auch zunehmend die Grenzen zwischen direkten Hedgefonds und Fund-of-Funds-Strukturen.
Durch das Wachstum dieses Segments haben sich die Hauptrisiken verschoben. Sie bestehen jetzt durch höhere Deleveraging-Risiken, erhöhte Gebühren, zunehmende Konkurrenz und eingeschränkte Liquidität. Die Firmen sind größer und durch immer neue Strategien immer ähnlicher geworden. Häufig agieren die einzelnen Portfoliomanager durch die Pod-Struktur unabhängig. Ihre Nutzung ähnlicher quantitativer Risikomanagement-Tools führt jedoch dazu, dass das Deleveraging-Risiko aufgrund überlappender Positionen zunimmt. Die jährlich steigenden Pass-Through-8 und anderen Gebühren belasten möglicherweise die zukünftigen Nettorenditen.
Technologischer Fortschritt und neue quantitative Ansätze
Der technologische Fortschritt eröffnet neue Möglichkeiten, in Hedgefonds zu investieren. Einzelmandate sind heute zugänglicher und leichter verwaltbar. Durch quantitative Entwicklungen sind neue Möglichkeiten der Alpha-Generierung entstanden (hauptsächlich mit KI/maschinellem Lernen). Auch der Zugang zur Beta-Komponente von Hedgefondsrenditen hat sich dank Replikationsstrategien verbessert.
Mehr Möglichkeiten
Durch den Wandel der Hedgefondsbranche nutzen Investoren heute ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten sowohl bei Plattform- als auch bei Boutique-Hedgefonds über herkömmliche Mischfonds, Einzelmandate und Co-Investments. Einzelmandate ermöglichen den Zugang zu hochkarätigen Managern und einzigartigen Alpha-Strategien mit mehr Transparenz, höherer Liquidität und effizienterer Kapital- und Gebührenstruktur. Co-Investments eröffnen heute ein breites Spektrum an Möglichkeiten mit mittlerer Duration. Angesichts der Komplexität dieses Segments bietet es sich an, die besten Strategien führender Manager zu nutzen. Einzelmandate und Co-Investments haben jedoch nicht nur Vorteile. Die Verwaltung von Programmen mit starken risikobereinigten Renditen erfordert erhebliche operative Ressourcen und kompetentes Risikomanagement. Dank KI und neuer quantitativer Technologien stehen Investoren mehr maßgeschneiderte und skalierbare Lösungen mit quantitativen Strategien zur Verfügung. Mithilfe von Hedge-Dachfonds können führende Multi-Strategie- und spezialisierte Firmen kombiniert werden, um Zugang zu einer breiteren Auswahl an Top-Managern zu erhalten. Das bringt den Vorteil niedrigerer Gebühren, höherer Liquidität und größerer Transparenz.
Quelle: Goldman Sachs Asset Management. Rein illustrativ.
Das Investmentumfeld entwickelt sich aus makroökonomischer, technologischer und wettbewerblicher Sicht ständig weiter. Hedgefonds sind gut aufgestellt, um davon zu profitieren und auch weiterhin eine zentrale Rolle in Portfolios zu spielen. Eine erhöhte Renditestreuung und Volatilität werden auch in Zukunft attraktive Alpha-Chancen schaffen. Hedgefonds werden immer komplexer und verändern sich mit dem Investmentumfeld. Umso wichtiger ist eine möglichst breite Managerselektion. Investoren müssen einen agileren Investment-, Portfolio- und Risikomanagementansatz verfolgen. Nur wer bereit ist, die Grenzen zwischen Strategien verschwimmen zu lassen, erzielt langfristige Alpha-Generierung und Diversifikation.
1 Goldman Sachs Investment Research prognostiziert nun für den S&P 500 eine nominale annualisierte Rendite von 3 % für die nächsten 10 Jahre, verglichen mit 13 % in den vergangenen zehn Jahren. Stand: 18. Oktober 2024.
2 Goldman Sachs Asset Management; Stand: 31. Dezember 2024. Quelle: Pivotal Path, MSCI und Barclays; Stand: 31. Dezember 2024. „60-40“: 60 % MSCI World NR USD + 40 % Bloomberg Barclays Global Aggregate TR USD. GS Prime Services and Analytics „The Current State of the Hedge Fund Industry and the Outlook for 2025“ (Der aktuelle Zustand der Hedgefondsbranche und der Ausblick für 2025). Hedgefondsrenditen abzüglich der Managervergütungen.
3 Goldman Sachs Asset Management; Stand: 31. Dezember 2024. Quelle: Pivotal Path, MSCI und Barclays; Stand: 31. Dezember 2024. „60-40“: 60 % MSCI World NR USD + 40 % Bloomberg Barclays Global Aggregate TR USD. GS Prime Services and Analytics „The Current State of the Hedge Fund Industry and the Outlook for 2025“ (Der aktuelle Zustand der Hedgefondsbranche und der Ausblick für 2025). Hedgefondsrenditen abzüglich der Managervergütungen.
4 GS Prime Insights & Analytics Allocator Survey. Für diese Studie identifizierte und interviewte das GS Prime Insights & Analytics Team knapp 40 Multi-Manager-Firmen, die zusammen ein Vermögen von über 300 Mrd. USD verwalten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für zukünftige Ergebnisse. Dieses Dokument dient ausschließlich zu Diskussionszwecken und erhebt keinen Anspruch auf eine umfassende Analyse der Risiken und Chancen einer bestimmten Idee oder Strategie. Brancheninformationen in diesem Dokument wurden möglicherweise nur aus Daten, Studien oder Beobachtungen von Hedgefonds-Aktivitäten abgeleitet, die ausschließlich innerhalb der Prime-Brokerage-Konten von Goldman Sachs ausgeführt wurden. Informationen, die ausschließlich von der Goldman Sachs-Kundenbasis oder den Beobachtungen des GS Capital Introduction Teams stammen, sind möglicherweise nicht repräsentativ für die globale Hedgefondsbranche insgesamt.
5 PivotalPath 2025 Global Hedge Fund Report. Stand: 31. Dezember 2025.
6 Goldman Sachs Prime Brokerage, Stand: 31. Dezember 2023.
7 GS Prime Insights & Analytics, September 2024: „The Multi-Manager Landscape in 2024“ (Das Multi-Manager-Umfeld 2024). Etwa 70 % der Multi-Manager-Hedgefonds haben externe Allokationen.
8 GS Prime Insights & Analytics, September 2024: „The Multi-Manager Landscape in 2024“ (Das Multi-Manager-Umfeld 2024). Etwa 83 % der Multi-Manager-Hedgefonds haben aktuell Pass-Through-Gebühren. 2022 betrug der Anteil 63 %.
