Portfoliokonstruktion

Asset Management Outlook 2025: Auf Anleihen setzen

20. November 2024 | 8 Minuten Lesezeit
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Dieser Artikel ist Teil unserer Reihe Outlook 2025: Gründe für eine Neuausrichtung.

Auf Anleihen setzen

Während sich die großen Volkswirtschaften auf ein neues Gleichgewicht einstellen, haben sich die Risikoverhältnisse für Anleiheinvestoren verschoben. Nach bedeutenden Fortschritten hin zur Zielmarke für die Inflation und Entspannung am Arbeitsmarkt konnte die US-Notenbank (Fed) wie bereits andere Zentralbanken die Leitzinsen senken. Die Wirtschaft beginnt 2025 robust, und wir rechnen mit weiteren Zinsschritten hin zu einem neutralen Satz. Dennoch gibt es ein breites Spektrum möglicher makroökonomischer Szenarien. Potenzielle Änderungen der Steuer-, Handels-, Fiskal- und Regulierungspolitik in den USA schaffen neue Unsicherheit über die Inflation, das Wachstum und den internationalen Handel. Generell dürften sich Asset-Allocation-Entscheidungen, die auf Anleihen setzen, 2025 als lohnend erweisen. Im aktuellen Umfeld sehen wir Chancen, vom Zinssenkungszyklus zu profitieren. Ertragspotenzial bieten besonders Unternehmensanleihen und verbriefte Kredite. Es empfiehlt sich, nach einem dynamischen Ansatz in unterschiedliche Sektoren und Regionen zu investieren.

Um diese Möglichkeiten vollständig auszuschöpfen, müssen Anleger den Kontext und die Feinheiten jedes Anleihesegments verstehen. Ein aktiver Investmentansatz, Diversifikation und ein starkes Risikomanagement sind dabei von größter Bedeutung. Wir bleiben wachsam und konzentrieren uns auf die Fundamentaldaten, um sich bietende Chancen zu ergreifen.

Anleihen stehen im Zentrum verschiedener SzenarienAnleihen stehen im Zentrum verschiedener Szenarien

Quelle: Goldman Sachs Asset Management.  Stand: 15. Oktober 2024. Rein illustrativ.

Anleihen für jede Marktlage

Unser Ausblick für Anleihen ist über verschiedene makroökonomische Szenarien hinweg positiv – unabhängig davon, ob das Wachstum anzieht oder sich abschwächt. Wie in unserem Q4 Fixed Income Outlook erläutert, spielen Anleihen eine wichtige Rolle in Portfolien, egal wie die Wirtschaft sich entwickelt. Bei einer weichen Landung mit moderater Abschwächung des Arbeitsmarkts und einem leicht über dem Trend liegenden Wachstum können die Zentralbanken weiter die Zinsschraube lockern, wenn die Inflation positiv bleibt. Dann können die Kurse von Anleihen weiter steigen. Auch eine nicht ganz so weiche Landung mit unterdurchschnittlichem, aber noch positivem Wachstum kann zu schnelleren und stärkeren Leitzinssenkungen führen. Das Umfeld für Anleihen bleibt dabei trotzdem noch günstig.

Es ist auch möglich, dass die gesamtwirtschaftliche Aktivität in den USA anzieht. In einer zweiten Trump-Amtszeit besteht die Aussicht auf eine wachstumsfreundliche Politik, niedrigere Körperschaftsteuern und weniger Regulierung. Anleihen können dann weiter von einer Normalisierung der Geldpolitik profitieren. Das Hauptrisiko für Anleihen bleibt eine wieder anziehende Inflation infolge von Handelszöllen. Dann kann sich das Tempo der geldpolitischen Lockerung verlangsamen. Es ist jedoch auch möglich, dass erhebliche geopolitische Schocks zu einer harten Landung oder Rezession führen. Das hätte entweder eine expansive (aufgrund von Wachstumsrisiken) oder eine restriktive (aufgrund von Inflationsrisiken) Geldpolitik zur Folge. Wenn die Inflationserwartungen stabil bleiben, können hochwertige traditionelle Anleihen wie Staats- und Investment-Grade-Anleihen profitieren. Dominieren hingegen Wachstumsrisiken in einem Rezessionsszenario, wäre ein stärkerer Fokus auf Staatsanleihen und eine geringere Allokation in Risikoanlagen zu bevorzugen.

Vom Lockerungszyklus profitieren

In den letzten Jahren wurden die Leitzinsen aufgrund der hohen Inflation angehoben. Die Verzinsung von Anleihen stieg, worunter Papiere mit längerer Duration litten. Zum Jahreswechsel 2025 stellt sich die Lage jedoch ganz anders dar. Die Zentralbanken lockern die geldpolitischen Zügel, um die Inflation weiter zu senken. Unseres Erachtens spricht diese globale Lockerung der Geldpolitik für eine Umschichtung von Barmitteln in Anleihen. In der Vergangenheit übertraf der Anleihemarkt im Jahr nach Beginn eines Zinssenkungszyklus den Geldmarkt.

Obwohl das Spektrum der möglichen Wirtschaftsszenarien nach dem Ausgang der US-Wahlen größer geworden ist, rechnen wir im Dezember und Anfang 2025 mit weiteren Leitzinssenkungen der Fed. Danach hängt der Kurs von der Politik der neuen Regierung ab. In Europa scheint die Richtung der Geldpolitik weniger unsicher. Das Wachstum verlangsamt sich und die Inflation geht zurück. Wir rechnen daher mit einer Reihe von Zinssenkungen um jeweils 0,25 %, bis der Leitzins 1,5 % erreicht. Sollten die USA Zölle auf europäische Autoexporte erheben und das Wachstum zusätzlich belasten, können schnellere und größere Zinsschnitte beschlossen werden. In Großbritannien erwartet der Markt einen langsamen und begrenzten Lockerungszyklus der BoE, denn die im Herbstbudget angekündigten fiskalpolitischen Maßnahmen wirken sich möglicherweise positiv auf das Wachstum aus. Unseres Erachtens werden die Wachstums- und Inflationseffekte jedoch geringer als erwartet ausfallen. Die Unternehmen werden angesichts höherer Lohnkosten und steigender Sozialversicherungsbeiträge eher Stellen abbauen als die Preise erhöhen. Deshalb müssen die Leitzinsen eventuell in mehreren Sitzungen hintereinander reduziert werden.

Fed-Ausblick zeugt von wirtschaftlicher Gesundheit und neuen politischen RahmenbedingungenFed-Ausblick zeugt von wirtschaftlicher Gesundheit und neuen politischen Rahmenbedingungen

Quelle: Goldman Sachs Asset Management. Stand: 12. November 2024. Rein illustrativ.

Auch andere Zentralbanken wie die Bank of Canada und die schwedische Riksbank schlagen einen expansiveren Kurs ein. Die Zentralbanken in Australien und Norwegen schließen sich vielleicht im kommenden Jahr den Zinssenkungszyklen an. Bleibt die Inflation eingedämmt, d. h. die Inflationserwartungen stabil und die Lohnanstiege moderat, werden die Zentralbanken bei Anzeichen von Wachstumsabschwächungen die geldpolitischen Zügel voraussichtlich schneller lockern. Dies würde Anleihen zugutekommen und zu steiler werdenden Zinsstrukturkurven führen. Insgesamt dürften die Zinssenkungen bis 2025 andauern, wovon Anleihen vermutlich profitieren. Wir sind der Ansicht, dass Anleger die Lockerungszyklen mit einem aktiven Ansatz, der auf globale und Relative-Value-Chancen ausgerichtet ist, nutzen können.

Anleihen haben in früheren US-Zinssenkungszyklen den Geldmarkt übertroffen Anleihen haben in früheren US-Zinssenkungszyklen den Geldmarkt übertroffen

Quelle: Morningstar und Goldman Sachs Asset Management. Die Analyse betrachtet zehn Lockerungszyklen der US-Notenbank seit 1984. Vier davon gingen mit Rezessionen (1990, 2001, 2020), drei mit Wachstumsängsten (1987, 1998, 2019) und drei mit einer Normalisierung der Geldpolitik (1984, 1989, 1995) einher. Abkürzungen: 3-Month US T-Bill: 3-monatiger Laufzeitbereich des Bellwethers U.S. Treasury Index; US Agg: Bloomberg US Aggregate Index; IG Corporate: Bloomberg Global Aggregate Index (Renditen für Zyklen ab 1989 aufgrund der Verfügbarkeit von Daten). Die bisherige Wertentwicklung ist kein Indikator für zukünftige Renditen und bietet keine Garantie im Hinblick auf zukünftige Ergebnisse, die Schwankungen unterworfen sein können. 

Essenzielle Erträge

Verglichen mit dem letzten Zinszyklus werfen Anleihen wieder Renditen ab. Die Fundamentaldaten von Unternehmen sind solide und die Fed ist bestrebt, die Expansion der US-Wirtschaft zu verlängern. Diese Kombination bietet Anlegern die Möglichkeit, attraktive Erträge mit Spreadsektoren wie Unternehmensanleihen und verbrieften Krediten zu erzielen. 

Investment-Grade-Anleihen eignen sich besonders gut, um die Portfoliorenditen 2025 zu stärken. Sie bieten eine ausgewogene Kombination aus Ertragsgenerierung und Risikomanagement. Besonders relevant im aktuellen Marktumfeld sind die Resilienz von Investment-Grade-Anleihen sowie ihre Fähigkeit, in Phasen mit höherer Wachstumsvolatilität Kapital zu schützen. Angesichts solider Fundamentaldaten und starker Nachfrage nach attraktiven Renditen können die engen Kreditspreads länger anhalten. Wachstumsfördernde Maßnahmen wie Steuersenkungen und Deregulierung haben das Potenzial, die Unternehmensgewinne zu steigern. Das würde sich positiv auf die Fundamentaldaten von US-Unternehmensanleihen auswirken. Regulatorische Änderungen werden voraussichtlich sektorspezifische Auswirkungen haben. Umso bedeutender ist eine aktive Titelauswahl. Unter den Sektoren sehen wir Potenzial bei antizyklischen Unternehmen, die einen möglichen Rückgang des nominalen Wachstums verkraften können, wie beispielsweise große Gesundheitsunternehmen. Ebenso bevorzugen wir Unternehmen in Sektoren mit starkem Wachstumspotenzial und einer stabilen Kundenbasis. Dazu zählen Technologieunternehmen, die von der steigenden Nachfrage nach Künstlicher Intelligenz profitieren.

Investment-Grade-Anleihen eignen sich besonders gut, um die Portfoliorenditen 2025 zu stärken. Sie bieten eine ausgewogene Kombination aus Ertragsgenerierung und Risikomanagement.

Bei verbrieften Krediten engten sich die Spreads während eines Großteils von 2024 bei allen Sicherheiten und Kapitalstrukturen ein. Das wird bis 2025 voraussichtlich so bleiben. Besonders attraktiv erscheinen mit Gewerbeimmobilien besicherte Hypothekenanleihen (CMBS), deren Spreads sowohl bei AAA- als auch bei BBB-Ratings gemessen an unserer Einschätzung ihres beizulegenden Zeitwerts sehr attraktiv sind. Die Spreads können sich daher weiter einengen, besonders wenn die Fed die geldpolitischen Zügel lockert.

Der Green-Bond-Markt, eines der am schnellsten wachsenden Segmente des Anleiheuniversums, bietet ebenfalls Ertragspotenzial. In den letzten Jahren haben sich Green Bonds von einem Nischenprodukt zu einer Investmentmöglichkeit für alle Anleiheinvestoren gemausert. Aktuell bieten Green Bonds Anlegern eine höhere Verzinsung. Green Bonds mit Investment-Grade-Rating werfen vor den erwarteten Leitzinssenkungen attraktive Renditen ab.1Emittenten aus immer mehr Sektoren und Ländern finanzieren sich am Green-Bond-Markt und vergrößern das Anlageuniversum. Dank des Rückgangs der grünen Prämie müssen Anleger keine Abstriche beim Ertrags- oder Renditepotenzial mehr machen, wenn sie umweltfreundlich investieren. 

Argumente für einen dynamischen Ansatz

In einer Zeit wirtschaftlicher Veränderungen, neuer geopolitischer Allianzen, politischen Wandels nach Wahlen und Megatrends eröffnen sich für Anleiheinvestoren vielfältige Möglichkeiten. Dynamische Investmentstrategien sind 2025 eine gute Ergänzung für Allokationen in traditionellen Anleihen.

Angesicht enger Spreads können Anleger mit einem agilen Ansatz die attraktivsten risikobereinigten Renditen identifizieren. Unterschiede im Zeitpunkt, Tempo und Umfang geldpolitischer Maßnahmen schaffen Chancen an verschiedenen Zinsmärkten. Zur hohen politischen Unsicherheit und strukturellen Veränderungen wie geopolitische Instabilität, Digitalisierung und Dekarbonisierung kommt ein möglicher politischer Paradigmenwechsel nach der Wahl. Umso notwendiger ist es, Sektor-, Rating- und Durations-Allokationen dynamisch anzupassen. Wir bevorzugen durch fundamentale und quantitative Analysen gestützte, flexible Strategien, die je nach Marktchancen nahtlos zwischen Sektoren, Regionen und Emittenten wechseln können. 

 

Drei Schlüsselfragen

1. Wo werden sich die Zinssätze einpendeln?

Die Zentralbanken haben bereits mit der Reduzierung der Leitzinsen begonnen. Das Hauptaugenmerk von Anlegern gilt jetzt dem Zeitpunkt, dem Tempo und dem möglichen Ende der Lockerungszyklen. In den USA rechnen wir mit einer Leitzinssenkung im Dezember gefolgt von weiteren Zinsschritten, bis ein neutraler Zinssatz von 3 bis 3,25 % erreicht ist. Allerdings bleibt Vorsicht geboten. Unerwartete Anstiege der Inflation können die Fed zu einer Pause veranlassen. In Europa sind aufeinanderfolgende Leitzinssenkungen der EZB zu erwarten, bis 1,5 % erreicht sind. Steigende Abwärtsrisiken für das Wachstum können jedoch zu größeren Zinsschnitten oder einer Terminal Rate unter dem neutralen Niveau führen.

2. Wird fiskalische Nachhaltigkeit in den Fokus rücken?

Im letzten Zyklus lag der Schwerpunkt auf den effektiven Untergrenzen der Zinssätze. Im aktuellen Zyklus richtet sich die Aufmerksamkeit mehr auf die effektiven Obergrenzen der Verschuldung. In den Fokus wird voraussichtlich die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung rücken. Anleger werden auch darauf achten, wie Volkswirtschaften mit der pandemiebedingten Schuldenlast und Energiekrisen umgehen. In den USA herrscht an den Märkten Nervosität über eine weiterhin expansive Fiskalpolitik. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Haushaltskonsolidierung sind zwar gegeben, doch es mangelt am politischen Willen für eine Defizitreduzierung. In Europa rechnen wir mit Haushaltskonsolidierungen, denn die fiskalischen Regeln wurden wieder in Kraft gesetzt. Der Prozess dürfte allerdings schrittweise und in jedem Land unterschiedlich verlaufen.

3. Wie werden sich mögliche politische Veränderungen auf die Fundmentaldaten und das Angebot an Anleihen auswirken?

Unsere Analyse deutet darauf hin, dass Unternehmen am Markt für Investment-Grade-Anleihen 2025 resilient bleiben, ähnlich wie sie in den letzten Jahren die höheren Zinsen verkraftet haben. Das wären solide Ausgangsbedingungen für die Kreditkennzahlen und die Fähigkeit, bei neuen Investments oder M&A-Aktivität selektiver auszuwählen. Wir überwachen die Angebotstrends genau. Das rekordhohe Emissionsvolumen bei Anleihen 2020 war darauf zurückzuführen, dass Unternehmen bestehende Schulden zu niedrigen Zinssätzen refinanzierten. Dabei reduzierten sie die Refinanzierungsrisiken und nutzten die Programme der Fed für Käufe von Unternehmensanleihen.2 Wir achten 2025 auf einen möglichen Anstieg des Anleiheangebots. Gesteigerte „tierische Instinkte“ können zu Kapitalmaßnahmen wie aggressiven Aktienrückkäufen oder M&A-Aktivität führen. Darunter leiden eventuell die derzeit starken Bonitätskennzahlen. Im aktuellen Zyklus sorgen die hohen Zinsen und Aktienbewertungen sowie das langsamere Wachstum für mehr Finanzdisziplin. Die meisten Unternehmen werden voraussichtlich auf eine zurückhaltende Schuldenpolitik achten, um ihre Investment-Grade-Ratings nicht zu gefährden.

 

Lesen Sie auch Ein neues Gleichgewicht, Den Aktienhorizont weiten, Alternative Wege gehen und Disruption in jeder Hinsicht, um mehr über unsere Einschätzungen der Investmentmöglichkeiten 2025 und potenzielle Quellen attraktiver Renditen zu erfahren.

 

1Bloomberg. Stand: 30. August 2024. MSCI Euro Corp Green Bond Index vs. Bloomberg Euro Agg Corp Bond Index.
2Bloomberg, Barclays, Goldman Sachs GIR. Stand: 16. Dezember 2020.

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